Asylpolitik der EU ist eine Schande für Europa

Viele reiche Länder ziehen weiter feige den Kopf ein. Wir sollten sie mit mehr Menschlichkeit beschämen.
Josef Votzi

Josef Votzi

Asylpolitik der EU ist eine Schande für Europa

von Josef Votzi

über das europäische Flüchtlingsproblem

Wir können nicht alle nehmen. Der beste Weg, Menschen vor dem Ertrinken zu schützen, ist, sicherzustellen, dass sie gar nicht auf die Schiffe kommen." – "Wir dürfen nicht überrascht sein, dass die Unglücklichen der Welt durchs Fenster kommen. Man muss die Türen für legale Migration öffnen." Szenen eines Streitgesprächs zwischen HC Strache und Eva Glawischnig? Möglich, aber total daneben. Es sind nicht zwei Politiker links und rechts der Mitte, die sich so in die Haare geraten, sondern die beiden mächtigen Oberhäupter der EU.

EU-Ratspräsident Donald Tusk macht zunehmend erfolgreich für mehr Abschottung mobil: Im Mittelmeer sollen schon ab Juni alle Flüchtlingsboote an der Weiterfahrt gehindert und Richtung libysche Küste abgedrängt werden. Tusk weiß die große Mehrheit der 28 EU-Staaten hinter sich. Denn drei Viertel aller Asylanträge werden in nur fünf EU-Ländern gestellt. EU-Kommissionschef Jean Claude Juncker steht an der Spitze jener kleinen Gruppe, die eine faire Aufteilung der Flüchtlinge in der EU fordert. Die Boote zur Vertreibung neuer Flüchtlinge sind startklar. Vom Wunsch nach einer gerechten Verteilung von allein im Vorjahr 500.000 neuen Asylwerbern bleibt vorläufig nur ein bescheidenes Pilotprojekt: Bis zu 40.000 Flüchtlinge sollen innerhalb der EU "umverteilt" und so überlaufene Erstaufnahmeländer wie Italien und Griechenland entlastet werden. Für neue Wege "legaler Migration", um noch mehr Tragödien zu verhindern, wirbt auch EU-Kommissionschef Juncker bislang vergeblich.

Frankreich, UK und Spanien drücken sich

Es ist hoch an der Zeit, innerhalb der EU Tabus anzusprechen: Die "Grande Nation" Frankreich nimmt drei Mal weniger Flüchtlinge auf als das nur unwesentlich größere Deutschland; Großbritannien nicht einmal so viel wie das kleine Österreich. Spanien hat den Fluchtweg übers Mittelmeer konsequent abgeschnitten. Es nutzt seine Abseitsposition auch, um sich vor Asylwerbern auf dem Landweg zu drücken. Nur 5000 Flüchtlinge fanden 2014 in Spanien Aufnahme.

Der Umgang der EU mit dem Flüchtlingsdrama ist eine Schande. Das darf uns aber keine Sekunde daran hindern, allen, die es zu uns verschlägt, die Hand zu reichen. Die Not ist groß wie nie: Zehn Millionen wurden durch IS-Terror vertrieben. Die meisten suchen in Jordanien, dem Libanon oder der Türkei Zuflucht. Nur jene, die sich Schlepper leisten können, schaffen es bis zu uns; oft Menschen mit guter Ausbildung aus der Mittelschicht.

Österreich hat mehrfach bewiesen, dass es auch große Flüchtlingsströme erfolgreich bewältigen kann. 1992 nahm Österreich offenherzig weitaus mehr Flüchtlinge als heute auf. Seit 1945 suchten mehr als zwei Millionen kurzfristig bei uns Schutz und Hilfe, ein Drittel ist tatsächlich geblieben. Europa braucht mehr von diesem Geist der Solidarität für die Gestrandeten. Je mehr Länder diese Gesinnung leben, desto besser ist das neue Flüchtlingsdrama auch für alle politisch verkraftbar.

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