Achtung, Lügenpresse?

Das giftige Kampfwort geht nun auch bei uns um. Es könnte zum Bumerang für den Absender werden.
Josef Votzi

Josef Votzi

In Deutschland war es das Unwort des Jahres: "Lügenpresse" – erstmals im 19. Jahrhundert von konservativen Katholiken gegen die liberale Presse, danach von den Nazis zur Diffamierung der vom "Weltjudentum" gesteuerten "Feindblätter" eingesetzt. 2014 wurde die mehrfach vergiftete Kampfparole von Pegida-Demonstranten bis an die Grenze körperlicher Gewalt reanimiert. Die Jury mehrerer deutscher Unis, die "Lügenpresse" zum "Unwort" erklärte, will damit keineswegs sagen, dass "Medien nicht eines kritischen Blick bedürfen" oder gar "niemals fehlgehen können". Aber gerade "eine solche pauschale Verurteilung verhindert fundierte Medienkritik und gefährdet die Pressefreiheit".

In Österreich tauchte der Kampfbegriff bisher nur gelegentlich in Internet-Postings oder Blog-Einträgen auf. Montagabend wollte unter dieser Parole erstmals ein Saalordner Journalisten – unter Ihnen einen KURIER-Reporter samt Fotografen – an der Teilnahme einer öffentlich angekündigten "Bürgerversammlung" mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hindern.

Unwahrheiten wurden an diesem Abend in der Tat am laufenden Band produziert. Allerdings vom Rednerpult aus. 15.000 gewaltbereite Islamisten gebe es allein in Österreich; in Deutschland seien es zehn Mal so viele, ließ Strache wissen. Muss sich, wer derart skrupellos polemisch in den Wald hineinruft, nicht auch bald die Frage gefallen lassen: Wer ist hier die Lügen-Presse?

Seriöse Medien wie der KURIER werden pauschale Diffamierungen wie diese weiterhin meiden, sondern allein konkret sagen, was wirklich wahr ist: Die zuständigen Nachrichtendienste dementieren, dass mit den Flüchtlingen eine namhafte Zahl gefährlicher Islamisten ins Land kommt. Das ist ein Faktum, das auch durch gebetsmühlenartige Wiederholung des Gegenteils nicht zur Lüge wird.

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