Warum gut ist, dass Merkel auf Kurs bleibt

Für ihre Vision braucht die deutsche Kanzlerin viel Geduld – die gibt es in der Flüchtlingsfrage aber nicht.
Andreas Schwarz

Andreas Schwarz

Sie ist jedenfalls eine Staatenlenkerin, die an eine Vision glaubt.

von Andreas Schwarz

über Merkel und die Flüchtlingskrise

Nein, so sieht niemand aus, der vor dem Aufgeben steht oder vorm Absprung an die UNO-Spitze: Angela Merkel strahlte im ARD-Interview eine Unaufgeregtheit aus, die wohltuend sein sollte und es war in der immer planloseren Debatte um den Flüchtlingsansturm auf Europa. Das Signal der deutschen Kanzlerin: Sie hat ein Ziel, nämlich die Aufnahme und Integration von Kriegsflüchtlingen in Europa, aus humanitärer Verantwortung und als wirtschaftliche Chance. Und sie verfolgt dieses Ziel, auch wenn ihr dabei viele nicht folgen können – weil schon die koordinierte Umsetzung des Weges zum Ziel nicht ansatzweise zu erkennen ist.

Mit schuld daran sind für Merkel Staaten wie Österreich, die sich aufgrund der fehlenden Solidarität vieler EU-Staaten von ihrem Kurs abgewandt und für ein Grenzen-dicht entschieden haben. Der Kanzlerin bleibt nur noch die Hoffnung auf die NATO, die die EU-Außengrenze in der Ägäis schützen soll (und dafür in Wahrheit kein Mandat hat); auf die Türkei, die für viele EU-Milliarden viele Flüchtlinge behalten soll; und darauf, dass das auf allen Linien versagende Europa dann wieder anspringt. Und es bleibt ihr die Bitte um Geduld.

Genau die hat die Bevölkerung in den vom Flüchtlingsstrom betroffenen Staaten aber nicht. Aus Angst und aus Sorge, weil ihr niemand erklären kann, wie es weiter geht. Und sich Politiker auf diese Angst und Sorge draufsetzen, statt sich mit ihnen auseinander zu setzen.

"Das ist eine ganz wichtige Phase unserer Geschichte", hat Angela Merkel gesagt. Sie ist jedenfalls eine Staatenlenkerin, die an eine Vision glaubt. Während die meisten Amtskollegen ans tagespolitische Kleingeld glauben. Und die andere Vision, die vom gemeinsamen Europa, dahin geht. Wahrscheinlich gibt die Geschichte Merkel in zehn Jahren recht. Dann, wenn sie längst aufgeben musste.

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