Hallo Edi!

Ernst Molden

Ernst Molden

Edi dagegen lehrte uns, dass eine Schule leiwand sein kann.

von Ernst Molden

über Herr Direktor a.D. Voss

Ich höre grad viel Velojet. Velojet ist eine großartige Band aus Steyr, die jetzt schon seit Jahren in Wien agiert. Der Sänger, René Mühlberger, singt über Dinge, von denen man gern selbst träumen würde, stünde einem Österreich nicht im Weg. Auf dem himmlischen neuen Velojet-Album Panorama gibt es das Stück Leading A Life, das ich am liebsten habe, es erzählt von der Verortung einer Lebensgeschichte im Fluss der Zeit. Das passt dazu, wenn ich grad dauernd daran denken muss, dass der Edi in Pension geht. Der Edi, der in einer für ihn nicht wirklich gültigen offiziellen Realität Eduard Voss heißt, war einer der großen Glücksfälle, die uns am Weg der Kinderaufzucht passierten. Als wir vor bald sieben Jahren den Erstgeborenen in der Volksschule anmeldeten, versuchte sich dieser am Ende des Gesprächs vom Direktor zu verabschieden, unsicher mit einer geeigneten Anrede für den vollbärtigen Mann kämpfend. Der Direktor sagte: „Waast wos, für olle Zukunft? Zu mir sogst: Hallo Edi!“ Wir haben es dann alle so gehalten. Alle drei Kinder, und wir selber auch. Sechs Schuljahre mit Edi, dem Gründungsdirektor dieser fabelhaften Ganztagsvolksschule auf der Landstraße. Sechs Jahre, die dank Integrationspionier Edi und seiner unpackbar superen Lehrerinnen dazu führten, dass unsere Kinder den grünen Wald der Kindheit nicht verlassen mussten, wenn sie um halb acht das Haus Richtung Schule verließen. Dass wir in die unmittelbare Nähe dieser Schule ziehen würden, hat uns die Übersiedlung von Mitte nach Erdberg schon im Vorfeld versüßt. Wir haben Freunde mit Kindern, die die vergangenen Jahre im Nahkampf mit Pädagogen und Pädagoginnen verbrachten, deren Grundstimmung dem Kalten Krieg zu entstammen schien. Edi dagegen lehrte uns, dass eine Schule leiwand sein kann, wenn ihr Chef fest daran glaubt, dass Kinder die Krone der Schöpfung sind. Ich werde in der nächsten Zeit hie und da in jenem nahgelegenen Billard-Café vorbeischauen, in dem Herr Direktor a.D. Voss weite Teile seines Ruhestandes zu verbringen gedenkt. Ich werde hingehen, obwohl ich nicht Billard spiele. Ich werde die Tür öffnen, durch den rauchschwadendurchschwebten Raum blinzeln und rufen: Hallo Edi!

ernst.molden@kurier.at

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