Das Denunziantentum im Belvedere

Thomas Trenkler

Thomas Trenkler

Die Gräfin geriert sich mitunter als Schlossherrin.

von Thomas Trenkler

über Agnes Husslein

Früher einmal gab es das Berufsethos. Es verstand sich z. B. von selbst, keine Geschenke anzunehmen. Doch dann kamen die Lobbyisten und Keiler. Manche agierten recht geschickt beim „Anfüttern“. Und so gibt es heutzutage in vielen Betrieben eine „Compliance-Richtlinie“, auch im Belvedere. Diese ist erstaunlich umfangreich. Festgehalten wird zum Beispiel, dass Mitarbeiter nicht für Privatleistungen während der Arbeitszeit herangezogen werden dürfen, darunter für „Botendienste, Reparaturen, diverse Leistungen in privaten Räumlichkeiten“.

Die erst kürzlich verschärfte Richtlinie ist aber nicht nur erstaunlich, sondern auch erschreckend. Denn sie fördert das Denunziantentum. Wörtlich heißt es: „Sollte man von einem Fehlverhalten einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters erfahren oder einen entsprechenden Verdacht haben, ist dies an die Compliance-Abteilung zu melden.“ Wer das nicht wolle, heißt es weiter, könne die Kollegen ja auf der Whistleblower-Homepage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft vernadern. Sind wir wieder in der Zeit der Blockwarte? Der eine oder andere bekam nach dem Lesen der verschärften Richtlinie Panik – und zeigte sich selbst an. Weil er zum Mittagessen (20 Euro) eingeladen wurde oder eine Flasche Cognac (32 Euro) erhielt.

Erlassen worden war die Richtlinie von Ulrike Gruber-Mikulcik, der an sich untadeligen Prokuristin. Sie bewarb sich für die kaufmännische Geschäftsführung und wusste die erfolgreiche Direktorin Agnes Husslein-Arco, kurz AHA, anfangs hinter sich. Doch Thomas Drozda, der neue Kulturminister, wollte nur den Vertrag von AHA verlängern, nicht aber Gruber zur Co-Geschäftsführerin bestellen. Die Beweggründe liegen im Dunkeln. Vielleicht weil Gruber mit ihrer Liste der Verstöße der Direktorin unheimlich geworden war?

Wir wissen es nicht. Gruber jedenfalls dürfte die Excel-Datei dem Kuratoriumsvorsitzenden Hans Wehsely übermittelt haben. Und dieser kündigte sogleich in einer Aussendung an, einen Wirtschaftsprüfer zu betrauen. Doch Wehsely reagierte über: Ob der bis jetzt bekannten Vorwürfe braucht es höchstens eine Ethik-Kommission.

Im Zentrum steht natürlich AHA. Die Gräfin geriert sich mitunter als Schlossherrin. Die Fluktuation in den Abteilungen Presse und Marketing ist beispiellos. Husslein verlangt von ihren Mitarbeitern, die sie gerne wie Dienstboten anherrscht, einen enormen Einsatz.

Bereicherung wird man ihr kaum vorwerfen können: Sie stellt dem Museum ihre privaten Strukturen gratis zur Verfügung. Und ihr Mann, Peter Husslein, hat schon so manches Belvedere-Baby kostenlos entbunden. Aufgrund der Vermischung von Privat und Staat kam es sehr wohl zu „Botendiensten, Reparaturen, diversen Leistungen“; der Chauffeur z. B. brachte den sterbenden AHA-Hund zum Tierarzt. Aber solange sich die Person an der Spitze nicht die Wohnung renovieren oder einen Swimmingpool bauen lässt, sollte man die Kirche wohl im Dorf lassen.

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