Wo das Geld nicht Fußball spielt

Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Militärisch gedrillt holen sich die Assad-Profis ihre Top-Kondition außerhalb des vom Bürgerkrieg zugerichteten Landes

von Wolfgang Winheim

über das Nationalteam Syriens

Deutschland muss Polen schlagen, um Gruppenerster zu werden. Österreich will Moldawien besiegen, um überlegener Gruppenerster zu bleiben. Während Europa der finalen EM-Qualifikationsphase zusteuert, bestreitet heute ein Nationalteam, von dem unsereiner nicht annehmen würde, dass es noch existiert, bereits sein zweites Qualifikationsspiel für die WM 2018.

Syrien.

Auf neutralem Boden im schönen Muscat (Oman) sind die regimetreuen Kicker von Diktator Baschar Assad bzw. jene, die nicht von dessen Geheimdienst aussortiert wurden, gegen Singapur Favorit. Zumal die Syrer die WM-Quali im Juni mit einem 6:0 gegen Afghanistan starteten. Ein Schützenfest, das den österreichischen Nah- und Fernost-Spezialisten Alfred Riedl nicht überrascht, hatte doch Syrien vor neun Monaten, als Riedl noch Indonesiens Teamchef gewesen war, in Jakarta 2:0 gewonnen. "Sie waren physisch enorm stark."

Militärisch gedrillt wie in einem goldenen Käfig holen sich die Assad-Profis ihre Top-Kondition außerhalb des vom Bürgerkrieg zugerichteten Landes. Unabhängig davon wird in Damaskus bzw. in von Regierungstruppen beherrschten Vororten sogar um Liga-Punkte gekickt.

Fußball zur Ablenkung. Das war schon 1945 in Wien so, als der WAC Anfang April im Prater die Austria noch 6:0 besiegte, während der Himmel über dem östlichen Stadtrand bereits vom Artilleriefeuer rot gefärbt war.

Unter den Tausenden, die vor Assad oder den mordenden (Fußball für eine Todsünde haltenden) IS-Irren flüchten, sollen sich etliche Fußballer befinden. Nicht alle sind Auswahlspieler wie der in Deutschland gelandete U-16-Team-Kapitän Mohammed Jaddou. Doch alle wären glücklich, ließe man sie irgendwo mitspielen. Es muss ja nicht gleich Bayern oder Rapid sein. Ein Leiberl beim FC Hintertupfing wüsste ein kickender Syrer mehr zu schätzen als so mancher verwöhnter Transferkönig die Millionen, die ihm in Manchester oder Wolfsburg nachgeworfen werden.

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