Arm, aber sexy

Der 15. Bezirk ist hip geworden. Ich schwöre es, ich hab's mit eigenen Augen gesehen.

von Mag. Leila Al-Serori

über Rudolfsheim-Fünfhaus

Der 15. Gemeindebezirk ist hip geworden. Zumindest in der Reindorfgasse. Ich schwöre es, ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Es gibt ein Mode-Café, mehrere Designboutiquen, eine Fotogalerie. Dazu viele Studierende, Künstler und Jungfamilien.

Das Grätzel rund um die Reindorfgasse war uns Wienern ja bisher nur durch die Pizzeria Mafiosi bekannt (DIE Pizzeria für Börserl-bewusste Studenten). Dem einen oder anderen Leser aus den Bundesländern sind die Gassen wohl aus der Prä-Parkpickerl-Zeit in Erinnerung: als Gratis-Parkplatz in Mariahilfer-Straßen-Nähe. Jetzt gibt es keine kostenlosen Parkplätze mehr, dafür haben sich die leeren Geschäftslokale gefüllt. Manche Häuser haben einen Neuanstrich bekommen, die Reindorfgasse das Gefühl eines urbanen, angesagten Dorfplatzes.

Im Pop-up-Store Improper Walls, im Mai von einer Gruppe junger litauischer Kreativer gegründet, gibt es wechselnde Ausstellungen, dazu Schmuck, Kleidung, Partys. Klassischer Wirtshauscharme findet sich wie schon vor Jahrzehnten schräg gegenüber im Gasthaus Quell: die Stammkneipe vom Ostbahn Kurti. Darauf ist man stolz. Das berühmte Gulasch steht immer noch zu einem vernünftigen Preis auf der Karte, die Klientel ist gemischt.

Rudolfsheim-Fünfhaus: Früher nur ein armer, heruntergekommener Bezirk mit hohem Migrantenanteil, heute sichtbar im Wandel. Die Reindorfgasse zelebriert den eigenen Multikulti-Charme. Die Fleischerei ist ungarisch, der Frisör türkisch, der Tempel am Ende der Gasse buddhistisch. Touristen verirren sich keine hierher, Hofratsdamen mit Perlenketten auch nicht. Renoviert wird dafür fleißig, die Mieten sind (noch) günstig, die Läden nicht überrannt. Arm, aber sexy: Wer ein Stück Berlin in Wien sucht, wird hier fündig.

Und die Pizzeria Mafiosi? Die steht natürlich immer noch. Unverändert düster, mit abgeranztem Beisl-Charme. Ein Studentenklassiker. Auch ohne die Hipster-Allüren.

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