Drauf g’schissen

Niki Glattauer

Niki Glattauer

Kinder von Eltern mit Pflichtschule sind laut PISA um zwei Schuljahre hinter Akademikerinnen-kindern zurück.

von Niki Glattauer

über Grundbildung

eMail des Kollegen Ferdinand A. Beham: „Ich lese Ihre Kolumne immer mit Vergnügen, manchmal mit gelindem Entsetzen. (...) Heute Früh war ich bei einer dreiminütigen Bahnfahrt einem Gespräch dreier Oberstufenschüler ausgesetzt. Nachdem sie einander darin zu überbieten trachteten, wer gestern nichts oder noch weniger ,für d’Schul g’macht’ habe, und deshalb festgelegt wurde, die Spanisch-HÜ in Geschichte abzuschreiben, war die Deutsch-Hausübung an der Reihe: „Deutsch is’ wieder g’schissen. Wir müssen so einen g’schissenen Vergleich schreiben.‘ – ,Über das Buch?‘ – ,Jo ...‘ – ,Hastas g’lesen?‘ – ,Na. Des is jo des G’schissene...‘ Ende des Schülerdramoletts. Verhaltener Applaus meinerseits.“ So weit, so lustig. Aber jetzt erlaube ich mir, das Dramolett zu variieren. Verlauf wie gehabt. Am Schluss aber: „Hastas g’lesen?“ – „Na. Des G’schissene is nur, i hätt’s eh ned vastandn.“ Damit entspräche es den Um- und Zuständen in einer städtischen Hauptpardonneuenmittelschule. Wenn uns PISA nämlich eine Erkenntnis geliefert hat, dann die, dass in Österreich die immer gleichen Kinder nicht sinnerfassend lesen können. Was ich mit die immer gleichen meine: Obwohl bei PISA 2012 nur 17 Prozent der Testpersonen „Migranten“ waren, machten sie in den „Risikogruppen“ bis zu 30 Prozent aus – und waren in den Spitzengruppen quasi nicht vorhanden. Etwa weil Zuwandererkinder von Grund auf weniger intelligent wären(der unselige Sarrazin-Zugang)? Nein! Sondern weil es den meisten Neuösterreichern noch deutlicher an jeder Grundbildung fehlt als allen anderen. Jener Grundbildung, die man aber braucht, um Texte (vom Beipackzetteln bis zur Zeitung) nicht nur irgendwie zu „erlesen“, sondern auch verstehen, sprich im Detail decodieren und damit in einen Sinnzusammenhang setzen zu können. Diese Grundbildung pflegt hierzulande vererbt zu werden. Laut PISA 2012 sind Kinder von Eltern mit Pflichtschule um zwei Schuljahre hinter Akademikerinnenkindern zurück. Anders gesagt: Österreichs vermeintlich „differenzierte“, tatsächlich aber lediglich trennende Schule bringt genau dort gebildete Kinder hervor, wo gebildete Eltern schon da sind. Auf die anderen wird dank der fehlenden Courage der Regierungschefs (Stichwort Regierungsübereinkommen) bis auf Weiteres – g’schissen.

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