Mehr Mut, bitte!

Über die Heimspiele der fünf österreichischen Europacup-Starter und was daraus gelernt werden kann.
Paul Scharner

Paul Scharner

Für die Zukunft kann ich Rapid nur raten, von Beginn an mehr Vertrauen in die eigenen Stärken zu haben.

von Paul Scharner

über die heimischen Europacup-Starter

Nach den fünf Heimspielen der österreichischen Starter in zwei Tagen möchte ich einen Spieler hervorheben: Stefan Stangl hat als einziger Rapidler 90 Minuten lang überzeugt, während sogenannte Führungsspieler wie Sonnleitner oder Kainz vor der Pause große Probleme hatten. Stangl war mutig, hat einen bemerkenswerten Zug im Spiel und ist für mich ein Versprechen für die Zukunft.

Für die Zukunft kann ich Rapid nur raten, von Beginn an mehr Vertrauen in die eigenen Stärken zu haben. Seit Michael Krammer den Verein übernommen hat, gibt es Visionen, Strukturen und klare Entscheidungen – das überträgt sich, auch wenn es manche nicht glauben wollen, immer irgendwann auch auf den Rasen. Zum Ziel "Top 50 in Europa bis 2019" kann ich nur gratulieren. Solche hohen Ziele muss man besonders in Österreich ausrufen, um etwas bewegen zu können.

Dazu gehört dann aber, dass der eigene Spielstil auch gegen Ajax umgesetzt wird. Der anfängliche Schlafwagenfußball der Holländer hätte die Chance geboten, wie Salzburg vor eineinhalb Jahren, sofort Druck aufzubauen. Rapid hat dann wie beim 2:2 in Unterzahl besser gepresst als zuvor. Vermutlich hat, wieder einmal, die mentale Stärke gefehlt, sofort auf die eigene Philosophie zu setzen und lieber mal zu warten, was passiert.

Wenn dann noch Stellungsfehler in der Innenverteidigung passieren, schaut der neue, allein gelassene Außenverteidiger Auer besonders schlecht aus. Als ehemaliger Defensivspieler muss ich mich auch nach dem 2:3 von Sturm gegen Kasan fragen, ob in Österreich nicht (mehr) genug Augenmerk auf die Abwehrarbeit gelegt wird. So eine vogelwilde Defensive in einem Europacup-Spiel – das hat mich überrascht.

Außerdem hat man gesehen, dass die Russen in der Meisterschaft stehen und damit ein unbezahlbarer Vorteil von Österreich in den ersten Europacup-Runden verloren war.

Dortmund steckt hingegen mitten in der Vorbereitung. Deswegen wäre für den braven WAC mehr möglich gewesen, wenn – wie bei Rapid – der Mut schon vor der Pause spürbar geworden wäre. Zumindest war von Standfest mehr zu sehen als vom Starspieler Reus.

Altach hat hingegen das umgesetzt, was dieser gut aufgestellte Verein beim Europacup-Debüt abrufen kann: Das spielen, was in der Liga funktioniert und fertig. Altach hatte ja auch die Frage beantwortet, was die zweite von der ersten Liga trennt: Gar nichts.

Salzburg wird nach dem 2:0 gegen Malmö im zweiten Versuch aufsteigen. In der Liga sehe ich sie, wenn sie einmal eingespielt sind, als logischen Meister. Dass heute beim Schlager Meister gegen Vizemeister rotiert werden wird, finde ich in Ordnung. Gerade für Rapid sind die Europacup-Gelder so wichtig, dass sie mit ihren Kräften im Hochsommer haushalten müssen. Auch wenn gerade dieser Satz von einem früher überzeugten "Alles-Spieler" überraschend kommt.

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