Politik von innen: Das Expertenkabinett, ein Politiker-Schrecknis

Politik von innen: Das Expertenkabinett, ein Politiker-Schrecknis
Österreich ist nicht Italien, aber auch bei uns herrscht nicht der Normalzustand.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

Eine größere Demütigung ist für Parteien kaum vorstellbar: Ihre Repräsentanten werden aus den Ämtern gejagt und durch Experten ersetzt. Den Parteien bleibt übrig, vorgegebene Reform- und Sparpakete durchs Parlament zu winken. Österreich ist nicht Italien, aber auch bei uns herrscht nicht der Normalzustand. Normalerweise regieren Politiker und lassen sich dabei von Experten beraten. Bei uns türmen sich die Expertenratschläge, aber die Politiker regieren nicht. Die wichtigsten Ratgeber unserer Regierung sind das Wirtschaftsforschungsinstitut (Chef: Karl Aiginger) und das Institut für Höhere Studien mit Bernhard Felderer. Die beiden Institute haben gemeinsam mit dem Rechnungshof umfangreiche Vorschläge für mehr Effizienz in der Verwaltung erarbeitet - in den Bereichen Staatsreform, Förderungen, Schulverwaltung etc. Bei der Bildung wiederum zählt das PISA-Zentrum mit Günther Haider zu den Top-Adressen. Von den vielen Experten-Empfehlungen wurde bisher aber kaum etwas umgesetzt. Denn in der Politik haben jene Lobbys den größten Einfluss, die sich am wenigsten bewegen wollen: Länder, Beamte, Lehrer, Eisenbahner. Die schrumpfende Anzahl von Parlamentssitzen bei Rot und Schwarz wird vom angestammten Funktionärskader okkupiert. Für Leute mit neuen Denkansätzen oder reformfreudige Experten bleibt wenig Raum. Nun haben die Regierungsspitzen Werner Faymann und Michael Spindelegger mit der Schuldenbremse Budgetziele vorgegeben, die sie nur erreichen werden, wenn sie den Reformstau zumindest teilweise auflösen. Insofern könnte die Schuldenbremse Experten und Politik zusammenführen.

Reformprozess

auflösen. Insofern könnte die Schuldenbremse Experten und Politik zusammenführen. Faymann und Spindelegger beabsichtigen, heuer im Jänner einen Reformprozess aufzusetzen, der mehrere Jahre dauert. Sie können sich nicht auf das Budget 2013 - das einzige, für das sie vor der Nationalratswahl noch zuständig sind - beschränken, denn Veränderungen im Pensionssystem und Verwaltungsreformen greifen nicht von heute auf morgen. Sie haben den undankbaren Job, Aufgaben zu lösen, deren Umsetzung viel Kraft erfordert, deren Erfolge aber nicht schnell sichtbar sind. Daher wird derzeit in SPÖ und ÖVP heftig darüber nachgedacht, wie man aus der misslichen Lage einen Wahlerfolg machen kann. Die SPÖ wird in erster Linie auf Steuergerechtigkeit setzen. Die ÖVP will damit punkten, dass sie mit dem Anziehen der Schuldenbremse die Reformbremse gelöst hat. Außerdem ist ein klares Signal von der Regierung zu erwarten, dass sie auch bei sich selbst, der Politik, spart. Werner Faymann und Michael Spindelegger haben dem Vernehmen nach bereits ein Papier akkordiert, in dem die Eckpunkte für das Erreichen der Budgetziele festgehalten sind. Es enthält die fälligen Strukturreformen (Pensionen, Verwaltung, Förderungen) sowie vermögensbezogene Einnahmen. Dass nicht nur im fernen Athen, sondern bereits ab Tarvis Experten regieren, könnte Faymann zu denken gegeben haben. Jedenfalls sagte er nach dem letzten Ministerrat: "Ich will rechtzeitig handeln. Ich will das Heft in der Hand behalten."

Hymne Neu

Ab 1. Jänner bekommt Österreich eine neue Bundeshymne. Auch die Töchter werden besungen. Der Text, auf den sich SPÖ, ÖVP und Grüne geeinigt haben: Heimat bist Du großer Töchter und Söhne. In der dritten Strophe werden "Brüderchöre" in "Jubelchöre" verwandelt. Der neue Text wird vom Nationalrat fixiert.

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