„Bei uns haben viele gedacht, Rot-Grün ist das Paradies“

SPÖ-Wahlplakat
In der Wiener SPÖ steigt der Druck für eine Neuaufstellung in der Stadtregierung – mit oder ohne Michael Häupl.
Daniela Kittner

Daniela Kittner

über

von Dr. Daniela Kittner

über Wahl

Derzeit ist die Wiener SPÖ geradezu panisch bemüht, das Ausbrechen einer Bürgermeister-Debatte zu verhindern.

„Es kommt Schwarz-Blau-Stronach“: Wiener SPÖ-Politiker von Michael Häupl abwärts werden nicht müde, Schreckensszenarien in der Bundespolitik herbeizureden.

Die Botschaft richtet sich weniger nach außen als nach innen – und scheint bei roten Basis-Funktionären den gewünschten Effekt auszulösen: „Wenn es im Bund unruhige Zeiten gibt, brauchen wir in Wien eine starke und erfahrene Führung. Das spricht dafür, dass Häupl bleibt.“ Der übliche Wagenburg-Effekt bei den Roten: Es wird brenzlig, wir müssen zusammen halten.

ÖVP-Obmann Michael Spindelegger könnte der Wiener SPÖ keinen größeren Gefallen tun, als mit Strache & Stronach zu kungeln. Da könnte nämlich Häupl hoffen, 2015 die absolute Mehrheit wieder zu bekommen. Das hat auch 2005 funktioniert, als die Wiener SPÖ gegen die Regierung Schüssel in die Wahlschlacht zog.

Der Wagenburg-Effekt in der SPÖ-Wien wird spätestens dann abflauen, wenn Bundespräsident Heinz Fischer die nächste rot-schwarze Bundesregierung angelobt. Die Warnung vor Schwarz-Blau bringt nur einen zeitlichen Aufschub, höhere SPÖ-Funktionäre quer durch Wien geben zu, dass man an einer Neuaufstellung nicht vorbei kommen werde.

Kurz zusammengefasst lautet die Erfahrung der Klinken putzenden Funktionäre im Nationalratswahlkampf: Häupl wird verantwortlich gemacht für das, was seine Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou anstellt. „Vassilakou stellt ihre grünen Wähler zufrieden, aber der SPÖ fällt das auf den Kopf“, erzählt ein SPÖ-Funktionär.

Ein anderer sagt:„Bei uns haben viele gedacht, Rot-Grün wird das Paradies auf Erden. Die sind jetzt in die Wirklichkeit geholt worden.Vielleicht kapieren die jetzt, dass die SPÖ selbst breite Mehrheiten anstreben muss – am besten die Absolute.“

Das Wahlergebnis vom Sonntag gibt manchem Sozialdemokraten auch wegen des sensationellen Abschneidens der Neos zu denken: „Die SPÖ verliert den Anschluss an junge, gebildete, liberale Städter.“

Schon wird überlegt, den smarten Bahnmanager Christian Kern in die Politik – Bund oder Wien – zu holen, um den Neos etwas entgegenzusetzen.

Als Zeitraum für eine Neuaufstellung in Wien werden genannt: nach der Bildung einer Bundesregierung bis erste Hälfte 2014.

Als Varianten werden genannt:

Ein neuer Bürgermeister – etwa Ministerin Doris Bures

Häupl bleibt, stellt aber seine Stadtregierung neu auf mit personellen Signalen an Migranten, Junge, Liberale usw.

Den ersten Abgang gab es schon: Vize-Parteisekretär Alois Aschauer geht zum Echo-Verlag.

Kommentare