Tschüss baba

Natascha Marakovits

Natascha Marakovits

Während ich mir keine Gedanken darüber mache, geht vielen bei "lecker" oder "ne" das G’impfte auf

von Mag. Natascha Marakovits

über das Piefkinesisch

Lecker. Wenn ich bei meinen Eltern bin, hört meine Mutter stets das selbe Kompliment zu ihren – für mich – legendären Kochkünsten: "Lecker." Zur Begrüßung gibt‘s ein Küsschen und zum Abschied ein Tschüss. Ich habe noch nie darüber nachgedacht, dass ich "guat" oder "schmeckt echt leiwand" statt lecker sagen sollte.

Das Piefkinesisch hat in unserem Wortschatz längst Einzug gehalten, sich eingeschlichen wie ein Dieb, der etwas klauen – ups, stehlen – will: Tomate statt Paradeiser, Kartoffel statt Erdäpfel, Mais statt Kukuruz. Die Liste lässt sich vor allem in kulinarischer Hinsicht endlos fortsetzen.

Aber auch abseits des Kochtopfs tummeln sich die Piefkes unter uns. Allen voran, bei den Jüngsten: So haben die Kinder in der Schule längst nicht mehr einen Einser, sondern eine Eins im Zeugnis, die Buben sind bei den Mädels die doofen Jungs, die Schularbeit wird oftmals verbockt und auf nervige Fragen der Eltern antwortet der Nachwuchs gerne mal "ne". Doch die Erwachsenen sind um nichts besser: Wir gehen die Treppe hoch statt die Stiegen hinauf und nörgeln statt sudern über die lauten Nachbarn.

Während ich mir keine Gedanken darüber mache, geht vielen bei "lecker" oder "ne" das G’impfte auf. Die Austriazismen sind den Österreichern heilig. Da hat selbst die EU nichts zu schwatzen – äh dreinzureden. So wurde bei EU-Beitritt um die Marille, Erdäpfel und Powidl verhandelt. Insgesamt 23 kulinarische Begriffe sind im Protokoll Nr. 10 zur Beitrittsakte 1994 festgehalten, die in EU-Rechtsakten nun mit einem Schrägstrich den bundesdeutschen Ausdrücken gleichgestellt sind. Und was hilft’s? Wenn wir uns ehrlich sind: nichts. Für die EU gilt jedenfalls die Unschuldsvermutung, aber für uns? Sind wir nicht alle ein bisschen Piefke? So, auf diese Erkenntnis hinauf gönn ich mir jetzt eine Tasse Kaffee mit Sahne. Nein, ich will’s mal nicht übertreiben. Ins Häferl kommt immer noch das Schlagobers. Lecker schmeckt’s trotzdem. Zum Abschied bei meinen Eltern gibt’s aber ab sofort ein Bussal und dem Tschüss sag ich jetzt baba.

eMail: natascha.marakovits@kurier.at

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