O du Völlerei

Natascha Marakovits

Natascha Marakovits

Der Countdown läuft. Sechs Tage noch. Dann beginnt es wieder. Davor noch einmal alles geben. Den Kühlschrank entrümpeln, die Regale ausmisten. Platz machen. Es fängt ganz harmlos an, meist am 24. Dezember frühmorgens. Sack und Pack ins Auto und los. Auf ins Burgenland. Weihnachten am Land. Die Vorfreude ist riesig, doch keiner lässt es sich anmerken. Vornehme Zurückhaltung ist angesagt. Erst wenn am Heiligen Abend alle beisammensitzen, fallen die Hemmungen und es geht los: Kalorienzählen war gestern, lang lebe die burgenländische Hausmannskost.

Da fällt mir wieder meine viel zitierte Oma ein. Schon sie wusste: "Wenn die Weana keimma, muiß ma vuil kochen. Weil die essen wia die Drescher." Als Kind habe ich mich darüber immer gewundert. "In Wien bekommt man also nichts zum Essen", dachte ich mir. Und mein Verdacht wurde am Abend des Stephanietages noch bestätigt. Nicht genug, dass sie Schnitzel und Co bis zum letzten Bissen verputzten, nein, alles was noch übrig war, wurde fein säuberlich eingepackt und im Kofferraum verstaut. Bummvoll war das Auto, als die Verwandten am 26. schließlich die Reise zurück nach Wien antraten und außer ein paar Brösel am Mehlspeisteller nichts zurückließen.

Meine Kindheitsfantasie über hungernde Wiener wurde bald ad acta gelegt. Denn heute bin ich selbst Wienerin und weiß: in der neuen Heimat gibt es sehr wohl etwas zu essen – sehr viel sogar. Alles was das Herz begehrt, kann gekauft werden. Ob Favoriten, Mariahilf oder Transdanubien – verhungern tut in der Stadt sicherlich niemand.

Nun ist es also bald wieder soweit. Weihnachten ist zum Greifen nah. Ich muss zugeben, ich habe Stress dieser Tage. Und es ist definitiv nicht, weil ich noch nicht alle Weihnachtsgeschenke besorgt habe. Nein, ich muss Platz machen. Der Kühlschrank ist schon so gut wie leer, die Regale ausgemistet. Sechs Tage noch. Die Vorfreude ist schier grenzenlos. Ich lasse sie mir aber nicht anmerken. Haltung bewahren. Sechs Tage noch. Juhu. Und jetzt gehe ich den Kofferraum ausräumen.

eMail: natascha.marakovits@kurier.at

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