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Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Die Legende runzelte die Stirn, nahm den wasserfesten Stift und schrieb " Karl Schranz" auf die Skier.

von Karl Hohenlohe

über stolze Ski

Sie waren ihr ganzes Leben eng verbunden. Auch als sie aus der Mode und in die Jahre kamen. Oben prangte der berühmte weiße Stern, darunter konnte man "Kneissl" lesen, und sie zählten zu den schönsten Skiern ihrer Zeit.

Mit Wehmut blickten sie in ihre große Vergangenheit, dachten mit Ehrfurcht an ihren längst verstorbenen Erfinder und an die vielen Winter, die noch wirkliche Winter waren. Ihre letzte Saison kamen sie noch mit Kunstschnee in Berührung und das war kein Abschied in Ehren. Dann standen sie im wahrsten Sinn des Wortes einfach nur herum.

Ihr Besitzer hatte sie unter dem Hausdach gelagert und obschon sie die Höhe liebten, war ihnen nicht wohl dabei. Jedes Jahr, wenn der erste Schnee fiel, hofften sie auf ihre Wiederentdeckung, aber nichts geschah. Sie fielen in eine langen, langen Tiefschlaf, der vergangenen Montag abrupt beendet wurde.

Plötzlich wurden sie von ihrem Besitzer in ein Auto gehievt und zu einer Tankstelle verfrachtet. Dort hatte eine Legende zu Werbezwecken Aufstellung genommen.

Der Ski-Besitzer packte die Bretter, stellte sie vor die Legende und sagte: "Gerüchteweise bist du einmal damit gefahren." Die Legende runzelte die Stirn, nahm dann aber doch den wasserfesten Stift und schrieb "Karl Schranz" auf die Skier.

Vielleicht war das Rot-Weiß-Rot auf ihnen schon etwas brüchig, aber vergangen Montag waren die beiden bejahrten Bretter die stolzesten Skier der Welt.

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