Bühnenfassung

Karl Hohenlohe

Karl Hohenlohe

Am Schluss gab es rasenden Applaus ... nicht zuletzt für Herrn Direktor Meyer, dass er nicht gesungen hatte.

von Karl Hohenlohe

über Dominique Meyer

Es war vergangenen Sonntag in der Wiener Staatsoper. Der berühmte Tenor Juan Diego Flórez hatte zu einer Benefizmatinee für Not leidende Kinder gebeten.

Man war in großer Spannung, Frau Garifullina, Frau Naforina und Frau Netrebko – in alphabetischer Reihenfolge – würden singen. Aber es kam anders.

Frau Netrebko war verhindert, und das Unangenehme am Dasein eines Operndirektors ist es, dass er das diesbezüglich ungemein sensible Publikum von der Absage in Kenntnis setzen muss.

Unsereins hätte gehörigen Bammel und wohl auch Sorge, dass Schuhwerk, Paradeiser oder Operngucker fliegen könnten, aber Meyer ging es sehr gelassen an.

Kaum hatte er auf offener Bühne das Fernbleiben der Netrebko verkündet und sich die erste Wut des Publikums in ein, zwei Buhs manifestiert, die gleich in einen wütenden Orkan überzugehen drohten, zuckte er unschuldig mit den Schultern und sagte dann einen entwaffnenden Satz, der das Auditorium unmittelbar besänftigte.

Direktor Dominique Meyer, immer noch mit hochgezogenen Schultern und klagendem Himmelblick: "Ich kann nicht an ihrer Stelle singen."

Dieser nicht zu leugnende Hinweis, man kann durchaus von einer Tatsache sprechen, löste beim Publikum absolute Zustimmung aus, der Ingrimm verrauchte und Wohlwollen machte sich breit.

Am Schluss gab es rasenden Applaus für Garifullina, Naforina und Flórez, dass sie gesungen hatten, nicht zuletzt aber auch für Herrn Direktor Meyer, dass er nicht gesungen hatte.

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