Die Partei ist immer da

Li Yuanchao, Chinas Vizepräsident, war früher Volksschullehrer. Nun belehrt er auf höherem Niveau.

Wer nach China fährt, begibt sich damit unweigerlich auch ins Land der Einheitspartei.

über die KP

Wer nach China fährt, begibt sich damit unweigerlich auch ins Land der Einheitspartei: Die KP regiert China nicht nur, sie strukturiert das Land – und sie gibt dem Land ein Gesicht; nicht immer nur ein sympathisches. Neben hübschen Ming-Vasen, der beeindruckenden Großen Mauer und popkulturell verzerrten Mao-Devotionalien sind es die Bilder von verarmten Arbeitern in Sweatshops, Panzern am Tiananmen-Platz oder tibetischen Mönchen, die sich aus Protest gegen Peking selbst in Brand setzen, die das Bild Chinas prägen.

So zweischneidig wie das Bild von außen ist auch das von innen: Zehn Tage lang hat sich unsere Delegation immer in der Begleitung von Parteiangehörigen befunden – die haben uns zwar bei fast allen Unternehmungen (außer den wirklich privaten) begleitet, Vorschriften gemacht hat uns aber keiner – sondern uns eher charmant die Vorteile eines Ein-Parteien-Staates näherzubringen versucht.

Irritationen

So hat mir etwa einer unserer Begleiter auf Nachfrage durchaus bereitwillig erklärt, wie man denn überhaupt in die Partei kommt (wer sich bewerben will: außerordentlich gute Noten, soziales Engagement und ein Aufnahmetest sind die Hauptkriterien für die strikt regulierte und limitierte Aufnahme); auch versicherte er mir, dass es durchaus viel Platz für interne Kritik und Demokratisierungsprozesse gebe. Letztere aber nur innerhalb der Partei, versteht sich. Und dass er nach dem Gespräch Notizen mit meinem Namen daneben gemacht hat, irritiert dann doch etwas.

Überwacht gefühlt hat sich somit niemand, so ganz alleine war man aber auch nie. Aber gut, schließlich war die Reise ja auch die Idee der Internationalen Abteilung der KP, da unterwirft man sich – zumindest zum Großteil – den Vorstellungen der einladenden Institution.

Duales Unikum

Diese Einheit übrigens - sie untersteht direkt dem Zentralkomitee - ist zwar formell nicht mit den außenpolitischen Agenden Chinas betraut (dafür ist eigentlich das Außenministerium zuständig), bestimmt aber weitgehend die politische Linie des Landes gegenüber dem Rest der Welt. Diese Dualität ist übrigens ein Unikum, das sich durch den ganzen chinesischen Staatsapparat zieht – und durch das ganze Land: Auf der einen Seite steht die Partei, auf der anderen Seite die offiziellen Behörden, jedes Ministerium etwa hat seine Entsprechung in einer Abteilung der Partei, neben jedem Bürgermeister sitzt der Parteisekretär der Stadt. Und wer davon höher steht, kann man sich ausrechnen (oder man bekommt es vor dem offiziellen Meeting nachdrücklich gesagt, so wie in unserem Falle).

Die Partei entscheidet ohnehin, wer wie wann was wo darf – so wie sie bereits Jahre im Voraus festlegt, wer aus dem Kader irgendwann mal in die politische Elite des Landes aufsteigen darf. Präsident Xi Jinping, der das Land seit letztem Jahr führt, weiß vermutlich schon recht genau, wer seinen Sessel in neun Jahren erben wird; ebenso wie jener Mann, dem diese Ehre zuteil werden wird. Er steht bis zum Kongress 2018, wo dies entschieden wird, unter ständiger Beobachtung.

Besser nicht verschlafen

Mit dem Ausmaß an Beobachtung, das unserer Gruppe zuteil geworden ist, kann man das natürlich nicht vergleichen; wir durften zumindest ein bisschen anecken. Beim letzten offiziellen Termin bei Li Yuanchao - derzeit Vizepräsident Chinas und somit nur einen Herzschlag vom absoluten Zentrum der Macht entfernt – in der Großen Halle des Volkes gab’s zwar keine Fragestunde, aber immerhin durften vier ausgewählte der 15 Delegierten am Vortag vorformulierte Fragen einreichen. Beantwortet hat sie unser hochrangiger Gesprächspartner (sein Vorgänger auf dem Posten war übrigens der jetzige Präsident) mehr im Vorbeigehen. Denn da einer meiner Kollegen verschlafen hatte, wir deshalb um 10 Minuten zu spät erschienen waren, erging sich Li lieber in einem einem knapp zweistündigen Vortrag zur Geschichte der KP.

Das geht wohl auch nur im Land der Einheitspartei. Aber immerhin war die Wandmalerei in der Großen Halle schön.

Die Autorin dieses Blogs hat sich auf Rundreise durch China befunden – auf Einladung eines der KP nahestehenden Think Tanks. Die Reise findet unter dem Motto „Understanding China“ statt und soll den Europäern die Reformen der Kommunistischen Partei näherbringen.

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