ORF: Streit um die Radio-Sparpläne

APA5249690 - 15092011 - WIEN - ÖSTERREICH: Hörfunk-Direktor Karl Amon und TV-Direktorin Kathrin Zechner während einer ORF-Pressekonferenz nach der Direktorenwahl am Donnerstag, 15. September 2011, am Küniglberg in Wien. APA-FOTO: ROBERT JAEGER
ORF-Radiodirektor Karl Amon steht im Schussfeld: Er hat seine Einsparungsziele erst zu 51 Prozent umgesetzt – deutlich weniger als der Rest des Hauses.

Am Montag trafen die Stiftungsräte des ORF zum Finanzausschuss zusammen, in dem sie sich ein Update über das aktuelle Sparpaket geben ließen. Sie waren erstaunt. Ein Direktorium fiel nämlich besonders aus der Reihe: Die Hörfunkdirektion unter Karl Amon hatte mit Stand September nämlich erst 51 Prozent der Einsparungsziele erreicht. Zum Vergleich: Der gesamte ORF hatte im Durchschnitt zum selben Zeitraum bereits rund 85 Prozent umgesetzt. Einzelne Bereiche meldeten bereits fast eine vollständige Erfüllung der harten Sparvorgaben und liegen schon jetzt bei 93 Prozent Erfüllungsgrad.

Dass sich Amon so weit unter dem Durchschnitt befindet, sorgte bei einzelnen Räten für böses Blut. So soll FP-Gremienmitglied Norbert Steger noch in der Sitzung daran erinnert haben, dass Amon in der Juni-Sitzung eine Art Vertrauensfrage gestellt habe, wenn man ihm bei der Erfüllung seiner Ziele nicht vertraue.

Amon sucht Sponsoren

Der Betroffene erinnerte sich gegenüber dem KURIER folgendermaßen an die Juni-Sitzung: Nachdem er sich geweigert habe, Radiosymphonie Orchester (RSO) und Radiokulturhaus zu schließen, seien ihm Sparziele in beiden Bereichen auferlegt worden. „Wie ich das Ziel erreiche, ist Aufgabe der Geschäftsführung, nicht des Aufsichtsgremiums“, sagt Amon. Daran habe er die Räte bei der Debatte erinnert.

ORF: Streit um die Radio-Sparpläne
honorarfrei
Diese verlangten vom Radiodirektor, er solle 500.000 Euro im Radiokulturhaus und eine Million Euro im RSO einsparen, wobei letzterer Posten als existenzbedrohend für das Orchester gilt, wie Kenner sagen.

Amon will die Grätsche aber schaffen: „Meine Zusagen bleiben bestehen“, betont er. Er sei bereits im Gespräch mit Sponsoren für beide Bereiche, die zum Teil schon unterschrieben hätten. Außerdem verweist Amon auf die im November erschienene CD-Box „my RSO“, die bereits 100.000 Euro Gewinn abgeworfen habe.

Im Radiokulturhaus habe man die Baugenehmigung für den Balkonausbau erhalten und die RKH-Karte umgesetzt.

Dass der Umsetzungsgrad so niedrig ist, begründet Amon übrigens damit, dass er eben „sehr vorsichtig“ budgetiere. „Ich gebe nur das an, was ich wirklich habe.“ Wieviel er denn wirklich hat, dürfte bei der Stiftungsratssitzung heute, Donnerstag, wohl Interesse hervorrufen.

Strategie ohne Standort

Weiters wird in der Sitzung über das Strategiepapier für den ORF 2020 von General Alexander Wrabetz diskutiert werden, dessen Beschluss der Finanzausschuss ablehnte. Dort wurde bemängelt, dass es sich bei dem Papier mehr um eine Bestandsaufnahme denn eine Strategie handle. Formal fühlt sich der Ausschuss auch nicht zuständig. Detail am Rande: Die Frage, wo denn der ORF künftig räumlich stehen soll, ist ausgespart, einzig auf einen „trimedialen Newsroom“ wird verwiesen.

80 Mio. Euro muss der ORF im kommenden Jahr einsparen, wenn er keine zusätzlichen Gelder vom Staat bekommt.

40 Mio. Euro entfallen auf das TV- Programm.

20 Mio. Euro spart man bei Strukturen und Personal.

20 Mio. Euro bringen der Verkauf von Immobilien und Wertpapieren.

Dass der ORF ohne zusätzliche Finanzspritze in Form einer erneuten Gebührenrefundierung sein Programm empfindlich kürzen will, stößt bei der heimischen Medienpolitik auf wenig Verständnis, wie ein Rundruf des KURIER bei den Parteien ergab. ÖVP-Mediensprecher Karlheinz Kopf betont weiterhin, dass die insgesamt 160 Millionen Euro, die der ORF in den vergangenen Jahren ausgeschüttet bekommen hat, lediglich „als Restrukturierungshilfe für das Unternehmen gedacht waren, um seine Kostenstruktur wettbewerbsfähig zu machen“. Der ORF müsse sich auf die heutigen Zeiten einstellen und seine Strukturen anpassen.

FPÖ-Mediensprecher Harald Vilimsky verweist ebenfalls darauf, dass der ORF „längst eine Abschlankung seiner Struktur“ hätte vornehmen müssen. Grünen-Mediensprecher Dieter Brosz sieht den ORF bei Einsparungen im heimischen Programm „sich zunehmend selbst infrage stellend“. BZÖ-Mediensprecher Stefan Petzner lehnt „solche Erpressungsversuche“ rundheraus ab. Die SPÖ reagierte nicht.

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