Klassiker zu Lebzeiten

Erwin Steinhauer & Klezmer Reloaded Extended
Die Lieder des Klavierhumoristen Hermann Leopoldi klingen bei Erwin Steinhauer anders.

Wie haben sie einander gefunden, Erwin Steinhauer, geboren 1951, und Hermann Leopoldi, gestorben 1959?

Denn jetzt singt der Kabarettist und Schauspieler zum Beispiel ein bekanntes Lied aus dem Jahr 1935:

"Am besten hat’s ein Fixangestellter mit Pensionsberechtigung, mit Pensionsberechtigung!"

Er singt sogar ein unbekannte Lied aus 1951, auf das ihn Leopoldis Sohn Ronald aufmerksam machte, indem er Steinhauer zwei Bände mit allen Lieder des Vaters zukommen ließ:

"Oberhalb der Enns sagt der Sepp zur Zenz: Deine Korpulenz ist schon immens …"

42 Bühnenjahre

Erwin Steinhauer singt sozusagen. Er spielt jemanden, der singt, und das bekommt dann – mit der starken Band "Klezmer Reloaded" einen lustigen Klang.

Das darf man aber wahrscheinlich nicht laut sagen, denn (zum KURIER):

"Ich hab’ sogar Musical gesungen, mit Liselotte Pulver im Theater an der Wien! In meinen 42 Bühnenjahren hab’ ich vor allem die ersten 20 Jahre viel gesungen."

Auf Hermann Leopoldi wurde er aufmerksam, während er ab 1974 mit Gerhard Bronner arbeitete. Damals kannte er nur Leopoldis bekannteste Schlager, also "Schön ist so ein Ringelspiel" und "In einem kleinen Café in Hernals".

Der Bronner sagte zu ihm: "Dem Leopoldi ist etwas gelungen, was den wenigsten gelingt: zu Lebzeiten ein Klassiker zu werden!"

Steinbauer: "Das hat meine Neugier geweckt."

Ausleben kann er, was er sich daraufhin einverleibt hat, erst heute: Seit 2012 hat er gemeinsam mit Peter Rosmanith (Schlagzeug) eine "eigene Partie" gegründet.

Hermann Leopoldi war ein unverbesserlicher Optimist.

In Dachau war er, in Buchenwald – gemeinsam mit seinem Liedtexter Fritz Löhner-Benda und Fritz Grünbaum. Die beiden überlebten nicht. Hermann Leopoldi konnte freigekauft werden und durfte nach New York. Seinen Bruder konnte er nicht retten.

Nach dem Krieg kehrte er heim und ließ sich, wo er als Jude in den Viehwaggon Richtung KZ gesteckt worden war, als "typischer Wiener" feiern. Er schrie nicht. Er schwieg.

Erwin Steinhauer: "Sein Schweigen verstehe ich gut. Wir kennen es auch von Karl Farkas, von Armin Berg. Auch in meiner Familie hat es lange gedauert, bis man über diese grausamste Zeit des 20. Jahrhunderts reden konnte."

Hermann Leopoldi lebte fortan mit griffbereiten gepackten Koffern.

Hermann Leopoldi:
„Ich bin ein Durchschnitts-Wiener“
Erwin Steinhauer & klezmer reloaded extended.
CD und Textbuch.
Mandelbaum
Verlag.
24,90 Euro.

Kommentare