Nackte Tatsachen

Pamela Anderson zieht für US-"Playboy" ein letztes Mal blank: Im heimischen Zeitschriftenhandel ist das Magazin ab 27. Jänner erhältlich
Der US-„Playboy“ verabschiedet sich von den „Playmates“ - weil heute das Internet den Markt für Nackedeis bestimmt, sagt der Playboy. „Das ist wie ein Automagazin ohne Autos“, sagen hingegen ehemalige Playmates. Wird das Fachblatt der Freizügigkeit, das einst Marilyn Monroe erst bekannt gemacht hat, diese neue Prüderie überleben?

Heuer wird Hugh Hefner 90 Jahre alt. Ganz schön alt. Aber jung genug, um nachträglich wegen einer früheren sexuellen Belästigung gescholten zu werden. In Österreich hatte Leopold Figl mit den Worten „Österreich ist frei“ den Staatsvertrag unterzeichnet, als bald darauf 7.500 Kilometer von Schloss Belvedere entfernt der „Playboy“-Gründer in Chicago eine Kulturrevolution startet. Auslöser ist die Anfrage eines Mädchens aus der Abo-Abteilung, das vom Boss eine Frankiermaschine haben möchte.

"Wenn Sie sich für uns frei machen“, ließ der studierte Psychologe Hefner Charlene Drain wissen, dann kaufe er ihr persönlich das Gerät.

Gesagt, getan. Es war Juli 1955, und eine gewisse Janet Pilgrim – das jungfräulichste Pseudonym in der Geschichte der US-Zeitschrift – putzte als erstes Ausklappmädchen das zwei Jahre zuvor gegründete Magazin für Männer auf. (Marilyn Monroe hatte nackt für einen Kalender-Fotografen posiert und war erst danach auf dem ersten „Playboy“-Cover gelandet.) Charlene Drain alias Pilgrim war die erste echte „Playboy“-Nackte.

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Schon die erste Ausgabe seines in den letzten Monaten des Jahres 1953 gegründeten Magazins kam offenherzig, doch zugleich bedeckt über die Welt. Auf dem Cover winkte (im Badeanzug) Marilyn Monroe, damals noch eine Newcomerin.

Und jetzt soll das Kapitel mit dem Ausklappmädchen, dem „Centerfold“, für immer beendet werden? Ja, meinen die „Playboy“-Macher und untermauern ihre geplante Abkehr von nackten Tatsachen mit bloßen Fakten.

Zu seinen besten Zeiten – also vor vier Jahrzehnten – hatte der US-„Playboy“ Monat für Monat eine Auflage von mehr als fünf Millionen Exemplaren. Man brauchte nur mit dem Finger zu schnippen und schon zog sich eine falsche Blondine wie Pamela Anderson aus – insgesamt 14-mal. Ein Rekord! Heute grundle man bei 800.000 Heften dahin. Und angesichts nackter Dauerpräsenz von Stars und Sternchen via Internet, Instagram, YouTube und selbst in TV-Serien wie „Games of Thrones“ schaue es nicht so aus, als ließe sich das Rad noch einmal zurückdrehen.

Gut, eine nackte Pamela Anderson sagt zum Abschied noch einmal verschämt „Goodbye“, und dann?

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Ihre Absage der Hochzeit hatte im Juni 2011 den Sender "Lifetime" vor ein Problem gestellt, der schon einen langen Beitrag für die Hochzeit produziert hatte.

Dann gibt es vielleicht wieder den „Playboy“, den man ungeniert vor anderen in U-Bahn, Pendlerzug oder Kaffeehaus schmökern kann. Warum auch nicht, immerhin ist das Fachblatt für Freizügigkeit neben seiner erotischen auch für seine literarischen Ader, seine Reportagen und Interviews bekannt. Autoren wie Norman Mailer oder die Frauenrechtlerin Gloria Steinem schrieben schon für die Zeitschrift, die als Leibblatt aller Hedonisten eigentlich als Mutter aller Lifestyle-Magazine gelten kann.

Ist ja gut. Aber Micaela Schäfer aus Leipzig – sie zierte etwa im Vorjahr das Cover des polnischen „Playboy“-Kalenders – wird sich das Magazin jedenfalls nicht mehr kaufen. „Ich schau mir jeden Monat die ,Playmates’ an, da ich ja bekannterweise Nacktes liebe und schau’, was die Konkurrenz macht. Dass der amerikanische ,Playboy’ darauf nun verzichten will, ist meiner Meinung nach ein großer Fehler. Das wäre ja so, als wenn ein Automagazin keine Autos mehr zeigen wollte.“

Auch ein weiteres Markenzeichen der Institution soll dran glauben: Für 200 Millionen Dollar will sich Hugh Hefner von seiner "Playboy Mansion" trennen.

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Micaela Schäfer HONORARFREI
Vor zehn Jahren startete Model, Moderatorin und DJane Micaela Schäfer als Kandidatin der ersten Staffel von Heidi Klums Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ medial so richtig durch. Seither bewegt sich die „Miss Ostdeutschland“ aus 2004 trittsicher auf dem glitschigen Parkett der nackten Tatsachen. Als DJane mit freizügigem Kostüm ist sie Monate im Voraus Dutzende Male gebucht. Für die Zukunft des „Playboy“ hingegen sieht sie schwarz, „denn das Alleinstellungsmerkmal von hochwertiger Aktfotografie ist verloren gegangen.“

Eines aber wird bleiben, hört man von „Playboy“-Chef Scott Flanders – das Markenzeichen „Playboy“-Bunny. Es trägt ja ohnehin seit jeher einigermaßen züchtig geschnittene Dessous.

Wie die „Playboy“-Welt künftig aussehen kann, zeigt bereits die Web-Site des Magazins. Nackte sind hier ein Fremdwort. Bürokompatibel und geeignet für den Smartphone-Einsatz auch in überfüllten U-Bahnen präsentiert sich der Connaisseur in Sachen libertinem Lebensstil mit Tipps zum Sex- und Liebesleben - "Therapeuten-Tricks: 9 Anzeichen dafür, dass du mit deiner Freundin auf Konfrontationskurs bist" - fast schon wie ein biederes Frauenmagazin.

Die deutsche Ausgabe des „Playboy“ will jedenfalls weitermachen wie bisher. Sehr zur Freude von Micaela Schäfer, die ehrlich und egoistisch hofft, „dass ich weiterhin wunderschöne nackte Frauen im ,Playboy’ sehen darf und nicht die Ausgaben aus anderen Ländern mitziehen – sonst werden wir Nacktschnecken noch arbeitslos“.

Auch Joana Plankl aus Graz, das September-Playmate mit den Maßen 81-56-77, erwartet, "dass die deutsche Ausgabe noch lange so bleibt wie sie ist." Und sie fügt hinzu: "Ich hoffe, dass Hugh Hefner spätestens Ende 2016 seine Meinung ändert." Dennoch kann sie die Entscheidung des US-"Playboy" nachvollziehen, "denn es ist tatsächlich so, dass der Reiz verloren geht, da man auch im TV täglich mit Nackheit konfrontiert wird."

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