"Ich bin eine große Liebende."

"Ich bin eine große Liebende."
Vom "wilden Mädchen" zur gefeierten Songwriterin: Lou Doillon – eine Karriere im Schatten großer Verwandter.

Vielleicht war sie einfach zu schön. Auf ihre Art, die ähnlich ungewöhnlich ist wie die ihrer Mutter Jane Birkin. Ein paar Filme, die kaum Breitenwirkung hatten, waren lange der einzige künstlerische Output von Lou Doillon. Sonst das, was schöne Kids berühmter Eltern eben so treiben: Model-Jobs für angesagte Mode-Labels und Kosmetikhäuser, rote Teppiche und Blitzlichtgewitter auf coolen Events.

Dann, mit 30, präsentierte Lou Doillon praktisch aus dem Nichts ihre erste CD "Places". Ein Riesenerfolg in Frankreich, der ihr das französische Pendant zum amerikanischen Musikpreis Grammy und sogar einen Orden des Kulturministeriums einbrachte. Dieser Tage, einen Monat nach ihrem 33. Geburtstag, bringt Doillon nun ihr zweites Album "Lay Low" heraus. Es übertrifft die ohnehin sehr hohen Erwartungen: Zum Weinen schöner, dunkel gefärbter Songwriter-Folk.

"Ich bin eine große Liebende."
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Viel wurde über diesen Wandel vom It-Girl zur gefeierten Musikerin spekuliert. "Ich hätte nicht jahrelang lächelnd auf Filmpremieren und Award-Partys meiner Familie gehen können, wenn in meinem Leben GAR nichts passiert wäre", sagt Lou Doillon selbst. Aber: "Es war nicht einfach. Es ist eine merkwürdige Situation, wenn du schon dein ganzes Leben bekannt bist, ohne dass im Grunde jemand weiß, warum eigentlich – was du dafür getan hast." Berühmt? Natürlich. Als Tochter des Kult-Regisseurs Jacques Doillon und der Ikone Jane Birkin, Schwester der gefeierten Schauspielerin/Sängerin Charlotte Gainsbourg, Nichte des Autors Andrew Birkin, Enkelin von, Cousine von, Schwägerin von ...

"Während um mich herum die Menschen, die ich liebe, alles zu Gold machten, was sie berührten, zerbröselte mir jeder Versuch, selbst etwas zu schaffen zwischen den Händen. Mode-Kampagnen, Filme, sogar Beziehungen – nichts wollte klappen."

Nach einer Teenager-Phase als Punk-Outlaw sah sie sich in der letztlich auch nicht befriedigenden Rolle der Muse. Als 19-Jährige bekam sie mit dem amerikanischen Musiker John Mitchell Sohn Marlowe, ehe sie der Kindsvater verließ. "Ich war eigentlich immer mit Rock-Gitarristen zusammen", sagt Doillon, "und praktisch jeder hat mir das Herz gebrochen." Dennoch ließ sie sich immer wieder auf leidenschaftliche Beziehungen ein: "Ich bin eine große Liebende. Wenn, dann voll und ganz. Ohne Angst, immer wieder." Genau der Stoff, aus dem gute Songs sind. Ihre Songs.

Es war zu dieser Zeit, dass sie begonnen hat, ihre Gefühle durch Musik auszudrücken. "Gitarren waren ja genügend im Haus", meint sie dazu. Nur den Schritt an die Öffentlichkeit wollte sie lange nicht wagen. "Ich habe mich mit den anderen, erfolgreichen Mitgliedern der Familie verglichen. Meine Mutter und Charlotte haben diese hübschen Mädchenstimmen, und bekannte Musiker haben hübsche Mädchensongs für sie geschrieben. Und da war ich mit meinen traurigen Liedern, meiner Gitarre und dieser merkwürdig tiefen Stimme – ich dachte mir immer: Das geht einfach nicht, vergiss es."

Es war ihre Mutter Jane Birkin, die sie drängte, es doch zu versuchen: "15 Jahre hast du immer das gemacht, was Fotografen oder Regisseure von dir wollten. Nichts hat wirklich geklappt. Versuch was Eigenes", erklärte sie ihr. Sie schickte ihr einen befreundeten Produzenten nach Hause, der sie überzeugen konnte, es mit Aufnahmen im Studio zu versuchen. Nach ihren Bedingungen. Auch dieser Mann sollte eigentlich einen Orden bekommen ...

In Frankreich ist Lou Doillon mittlerweile ein veritabler Star. Die Leute erkennen sie auf der Straße. "Nicht weil sie denken Ach schau, das Jetset-Luder, und auch nicht, weil sie mich was über meine Schwester oder meine Mutter fragen wollen – sondern weil sie MEINE Musik mögen!"

Und das trotzige, "wilde Mädchen", wie sie in ihrer Heimat lang genannt wurde, hat im Schatten seiner großen Verwandten schließlich doch etwas gefunden, das ganz seines ist. "Im Gegensatz zum Modeln und zum Filmen kannst du dich bei der Musik hinter niemandem verstecken. Wenn du deine eigenen Songs singst, bist du mehr als nackt. Du gibst etwas von dir preis", erklärt Lou Doillon. Das hört man an jedem Ton ihrer neuen CD. Ein intimes Meisterwerk.

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