Wo Flüchtlinge Herberge geben

Wo Flüchtlinge Herberge geben
Eine KURIER-Redakteurin hat eine Nacht in Österreichs erstem Social-Business-Hotel verbracht.

"Gast Nummer 19" steht auf dem Anmeldeformular, das Rezeptionistin Sarah C. über die Theke reicht. Es ist ihr dritter Tag an der Rezeption im magdas-Hotel. Vor drei Jahren ist sie aus ihrer Heimat Guinea geflohen. Vor zwei Wochen hat sie ein Praktikum im Hotel Imperial gemacht. Aufgeregt ist sie eigentlich nicht; nur froh, dass sie diese Chance bekommen hat.

Wo Flüchtlinge Herberge geben
Am 14. Februar hat Österreichs erstes Social-Business-Hotel seinen Betrieb aufgenommen. "Eine Haus gewordene Lösung" nennt Caritas-Präsident Michael Landau das Projekt, das 20 anerkannten Flüchtlingen eine Jobmöglichkeit und bis zu sechs minderjährigen Flüchtlingen eine Lehre bietet.

Der KURIER hat eine Nacht in dem Hotel verbracht – als erster Gast im Zimmer 417. Die Einrichtung ist schlicht, aber gemütlich, und teilweise wiederverwertet. Die Ablage im Vorzimmer stammt aus ÖBB-Zügen. Das Nachtkasterl und der Schreibtisch sind aus jenem Einbauschrank gezimmert, der im Vorzimmer stand, als das Hotel noch ein Pensionistenheim war. Ganz neu sind nur die Sanitäranlagen, der Fernseher und die Matratze.

In letzter Minute

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Apropos Matratze. Die wurden erst am Tag der Eröffnung geliefert – nur wenige Stunden, bevor die ersten Gäste eincheckten. Um die Matratzen rechtzeitig in die Zimmern zu bekommen, haben auch Barkeeper, Rezeptionisten und Kellner mitangepackt. "Es war Wahnsinn, aber wir haben es geschafft", sagt Hotel-Manager Sebastian de Vos. Er ist stolz auf sein Team und weiß, dass es nicht selbstverständlich ist, dass die Rezeptionistin hilft, Betten zu überziehen. "Aber wir sind ja auch kein gewöhnliches Hotel", ergänzt Sarah C. Mehr kann sich ein Hotel-Chef von seinen Mitarbeitern nicht wünschen. Mittlerweile bezieht de Vos des Nächtens übrigens wieder sein eigenes Bett. In den Tagen vor der Eröffnung begannen seine Arbeitstage um 6 Uhr morgens und endeten um 1 Uhr nachts. Da machte es kaum Sinn, fürs Schlafen nach Hause zu fahren.

Ganz fertig ist das Hotel aber noch nicht. In einigen Zimmern im zweiten und dritten Stock wird noch geschraubt und gebohrt. Das große Wien-Gemälde, das die Wand links von der Eingangstür schmückt, ist auch erst in den Grundzügen.

An der Bar

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Sebastian de Vos, Hotelmanager von magdas Hotel der Caritas, am 17.02.2015 in Wien. Das Hotel mit 80 Zimmern in der Nähe des Praters wird von Hotellerieprofis gemeinsam mit 20 Flüchtlingen aus verschiedenen Ländern geführt. Wien, am 17.02.2015.
Im magdas-Salon nimmt Tayeb die Getränkewünsche der Gäste entgegen. Während er einen Aperol-Spritz zubereitet, erzählt er von der Flucht aus Algerien vor 12 Jahren und den neun langen Jahren, die er auf einen positiven Asylbescheid warten musste. Aber eigentlich möchte er gar nicht so viel über die Vergangenheit reden. Jetzt ist er hier – und das ist gut.

Während Tayeb mit dem Aufräumen beschäftigt ist, klopft jemand von außen an die Glastür. "Habt ihr schon offen?", erkundigen sich zwei Passanten. Tayeb bejaht. "Na, dann müssen wir in den nächsten Tagen mal vorbeikommen." Tayeb verwundert das nicht; nicht nur Touristen auf der Suche nach einem Hotel, auch viele Einheimischen sind neugierig. Und für ein Bier im Salon muss man kein Hotelgast sein.

Für das Frühstück allerdings schon. Frisches Brot, frische Früchte und auf Wunsch frische Eierspeise werden an den kleinen Holztischen serviert, die ein wenig an eine Sportwoche erinnern. Adele Steininger und Hans Wührer schmeckt’s. Sie sind anlässlich eines Burgtheater-Besuchs aus Linz angereist. Ein Geburtstagsgeschenk von Adele Steininger an ihren Mann. Erstes Fazit zu dem neuen Hotel: Jedenfalls positiv. Und vielleicht bringt sie der nächste Geburtstag ja wieder hierher.

Magdas Hotel

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Innenaufnahmen von magdas Hotel der Caritas in der Laufbergergasse 12. Das Hotel mit 80 Zimmern in der Nähe des Praters wird von Hotellerieprofis gemeinsam mit 20 Flüchtlingen aus verschiedenen Ländern geführt. Wien, am 17.02.2015.
Preise Das Hotel in der Laufbergergasse 12 (2. Bezirk) bietet anerkannten Flüchtlingen eine Jobmöglichkeit. Das Hotel verfügt über 78 Zimmer. Eine Übernachtung im Doppelzimmer kommt auf 70 €. Das Frühstück kostet 12 €.

Unterstützung Das Hotel benötigt noch Bücher. Außerdem werden Freiwillige gesucht, die helfen, gehäkelte Ummantelungen für die noch leeren Lampenschirme herzustellen. Bei Interesse, einfach im Hotel vorbeikommen.

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