"Wir brauchen dramatisch mehr Ressourcen für die MedUni"

Müller: „Die Zeit ineffizienter österreichischer Sonderwege ist vorbei“
Der neue Rektor der MedUni Wien, Markus Müller, ortet einen massiven Infrastruktur-Stau.

Seit Dienstag ist es fix: Mit Markus Müller hat die MedUni Wien einen neuen Rektor. Die Wahl war begleitet von Misstönen. So klagte der Uniratsvorsitzende Erhard Busek über Interventionen und sprach einem der Kandidaten, Michael Stampfer, die Eignung ab. Das löste Kritik von Bürgermeister Michael Häupl aus. Auch Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung wurden laut. Zudem stand ein Streik der AKH-Ärzte im Raum. Der KURIER sprach mit Müller über seine Vorhaben.

KURIER: Im Vorfeld der Wahl des neuen Rektors gab es politische Querelen um die Kandidatenliste. Beeinträchtigt das den Start in Ihren neuen Job?

Markus Müller: Ich habe mit einer gewissen Faszination beobachtet, wie die verschiedenen Lager mit ihren Eigeninteressen zum Vorschein getreten sind. Mein Vorteil ist, dass ich keiner dieser Gruppierungen angehöre.

Stichwort Arbeitszeit im AKH: Mit einer Einmalzahlung von 8000 Euro für jeden Arzt im laufenden Jahr hat das Rektorat einen Streik gerade noch abgewendet. Insgesamt kostet diese Maßnahme fast 13 Millionen Euro. Woher kommt das Geld?

Die Hälfte ist frisches Geld aus dem Wissenschaftsministerium. Die andere Hälfte stellt die MedUni selbst zur Verfügung.

Sind mit der Lösung der Gehaltsfrage alle Probleme bereinigt?

Nein. Offen ist noch, wie schaffen wir es mit der verkürzten Ärzte-Arbeitszeit, eine konstant bleibende Arbeitsbelastung zu bewältigen? Diese Frage wird uns noch die nächsten ein bis zwei Jahre beschäftigen. Wir müssen sie gemeinsam mit der Stadt Wien lösen.

Wird es dafür mehr Ärzte geben?

Man darf sich hier keinen Illusionen hingeben: Für zusätzliche Ärzte wird es in absehbarer Zeit wohl nur eingeschränkte Ressourcen geben. Die Lösung wird zum Teil in alternativen Dienstmodellen liegen. Das bestehende, sehr unflexible Nachtdienstmodell ist nicht optimal. Mit ihm wird die Anwesenheit der Ärzte nicht ausreichend auf die Anwesenheit der Patienten abgestimmt.

Was sind hier konkret die Alternativen?

Besser wären zum Beispiel verschobene Dienste, die nicht um 16 Uhr enden, sondern in die Nacht hineingehen. Manche Bereiche benötigen auch nicht die dauernde Anwesenheit eines Facharztes, sondern können mittels Rufbereitschaft abgedeckt werden. Das ist ohnehin schon internationaler Standard. Die Zeit ineffizienter österreichischer Sonderwege ist vorbei.

Schließen Sie vor diesem Hintergrund Leistungseinschränkungen im AKH aus?

Im Moment ja. Per Gesetz sind wir eine Zentralkrankenanstalt, die alle Leistungen anbieten muss. Wir hoffen aber auf den Ausbau der medizinischen Versorgung außerhalb der Spitäler, die uns entlasten würde.

Was muss geschehen, damit das AKH als Forschungseinrichtung den Anschluss an die Weltspitze schafft?

Wir brauchen dramatisch mehr Ressourcen. Unsere vorklinischen Institute entsprechen nicht mehr den modernen Standards. Wir bemühen uns daher um den Neubau eines Campus. Wir haben auch einen enormen Infrastruktur-Stau im Haus. Nur ein Beispiel: Wir haben bloß zwei Sequenzier-Maschinen. Andere Institutionen haben ein paar Dutzend wenn nicht 100. Den Trend zur personalisierten Medizin können wir so nicht vollständig umsetzen.

Zuletzt sorgte eine geplante Privatklinik am AKH-Gelände für Aufregung. Teilen Sie die Bedenken Ihres Vorgängers Wolfgang Schütz?

Unser Ziel ist es, einen Campus auf dem AKH-Gelände zu schaffen, auf dem Grundlagenforschung auf die patientennahe Forschung trifft. Ein Privatspital auf dem AKH-Gelände wäre in diesem Zusammenhang das falsche Signal. Wir hoffen aber, dass mit unserem Widerstand das Projekt mittlerweile vom Tisch ist.

Der gebürtige Klagenfurter (47) studierte Medizin an der Uni Wien. 1993 wurde er „sub auspiciis praesidentis“ promoviert. 2004 wurde er Professor an der MedUni im Wiener AKH (Innere Medizin und Pharmakologie). Er hat diverse Gastprofessuren im Ausland absolviert und war an der klinischen Entwicklung mehrerer Impfstoffe beteiligt. Seit 2011 ist er Vizerektor für Forschung. Am 1. Oktober folgt er Wolfgang Schütz als Rektor nach, der keine weitere Amtszeit mehr angestrebt hat.

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