Abkassiert: 80 Prozent der Stadtmieten sind zu hoch

Abkassiert: 80 Prozent der Stadtmieten sind zu hoch
Vermieter fürchten Prozess und zahlten 2013 mehrere Millionen Euro zurück.

Mieter werden in Wien, Linz Graz und Salzburg ganz besonders zur Kasse gebeten. In diesen Landeshauptstädten fließen 23 Prozent des Einkommens in die eigenen vier Wände. 80 Prozent der Wohnungseigentümer zocken ihre Mieter ungeniert ab und kassieren zu viel Miete.

Diesen urbanen Trend bestätigt der Präsident der Österreichischen Mietervereinigung, Georg Niedermühlbichler, im KURIER-Gespräch: "Viele Vermieter versuchen einfach so viel wie möglich herauszuholen und verlangen, was der Markt hergibt". Forderung des Miet­experten: "Wir brauchen dringend eine Mietzinsobergrenze und zwar bundesweit."

Mieter haben oft Angst

Dass man diese Willkür beim Preis nicht hinnehmen muss, wissen nur Wenige. Mit dem Mietkostenrechner der Mietervereinigung kann man sich schon online informieren, ob man zu viel bezahlt.

Abkassiert: 80 Prozent der Stadtmieten sind zu hoch

Entschließt man sich dagegen vorzugehen, kommt es zu einem Verfahren. 600-mal wurde das im vergangenen Jahr alleine in Wien gemacht. Die Erfolgsquote liegt österreichweit – bei mehr als 1000 Verfahren – bei 95 Prozent. "Im Schnitt betragen Rückzahlungen an Mieter von 1500 bis 5000 Euro", sagt Niedermühlbichler. Viele hätten Angst, ihren Vermieter durch eine Beanstandung zu verärgern und ihren Vertrag nicht verlängert zu bekommen. Diese Furcht sei aber unbegründet.

Zu einem Gerichtsverfahren kommt es gar nur in 20 Prozent der Fälle. Die meisten Vermieter stimmen einem außergerichtlichen Vergleich zu. Ab dann wird die von der Mietervereinigung errechnete Miete kassiert und der Überschuss der vergangenen Jahre zurückbezahlt. Sollte es doch zu Problemen mit dem Eigentümer kommen, dann bietet die Mietervereinigung nach dem Verfahren rechtliche Beratung an.

Gerade bei befristeten Verträgen sollte man genau prüfen, erklärt der Mietexperte weiter: "Bei Mietverträgen mit Befristung wird fast immer zu viel bezahlt. Die Vermieter vergessen gerne, den 25-prozentigen Befristungsabschlag geltend zu machen."

Abkassiert: 80 Prozent der Stadtmieten sind zu hoch

8000 Euro Rückzahlung

Ein Verfahren hat auch Studentin Andrea B. genutzt, um ihre Miete zu senken und eine Rückzahlung von 8000 Euro zu lukrieren. "Natürlich rechnet man am Anfang nicht damit, dass man gleich über den Tisch gezogen wird", schildert die 22-Jährige. Eine rund 40 Quadratmeter große Altbauwohnung im siebten Bezirk war ihr erstes Domizil, als die Kärntnerin nach Wien zog. Teuer kam ihr die Miete schon vor. Dass sie monatlich um rund 100 Euro zu viel bezahlte, erfuhr sie erst nach der Überprüfung. Der Aufwand war relativ gering. Für 58 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr übernimmt die Mietervereinigung die Rechtsberatung und wickelt das Verfahren ab.

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"Diesen Beitrag müssen wir verlangen, weil wir als gemeinnütziger Verein aus rechtlichen Gründen nur Mitglieder beraten dürfen", erklärt Mietrecht-Experte Niedermühlbichler weiter. 2013 wurden in der Bundeshauptstadt durch die Verfahren insgesamt 1,8 Millionen Euro an die Mieter zurückbezahlt.

Im vergangenen Jahrzehnt sind die Mieten österreichweit um 34,5 Prozent gestiegen. Die Lohnsteigerung betrug im Schnitt in den letzten zehn Jahren aber nur 22 Prozent.

Mieten unterliegen gesetzlichen Höchstgrenzen. Werden diese überschritten, kann die Miete für die Zukunft, aber auch rückwirkend angepasst werden.

Wohnungen, die vor 1953 gebaut wurden, unterliegen den Mietgrenzen des Mietrechtsgesetzes (MRG). Wohnungskategorie, Größe, Lage, Art und Ausstattung bestimmen den gesetzlichen Mietzins. Bei zeitlich befristeten Mietverhältnissen muss der Befristungsabschlag einfließen.

Folgende Faustregel ist zu empfehlen: Wohnen Sie in einem Altbau und beträgt Ihre Brutto-Gesamtmie-te bei einem befristeten Mietvertrag mehr als 7 bis 9 Euro/Quadtratmeter, sollte eine Mietzins-Prüfung angestrebt werden.

Bei unbefristeten Mietverträgen liegt diese Grenze bei rund 8 bis 10 Euro/Quadratemeter. Bei unterdurchschnitt-lich ausgestatteten Wohnungen kann der Zins auch deutlich darunter liegen.

Wird die Hauptmietzins-Obergrenze überschritten, kann bei unbefristeten Verträgen innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluss eine Mietanpassung begehrt werden.

Eine Kaution ist laut MRG bis zu sechs Bruttomonatsmieten möglich.

Infos finden Sie unter www.mietervereinigung.at

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