Rasantes Wachstum in der Donaumetropole

Rasantes Wachstum in der Donaumetropole
Die Einwohnerzahl der Donaustadt legt bis 2034 um ein Drittel zu. Die City verliert massiv an Bewohnern.

Die Zeiten, in denen Wien eine schrumpfende Metropole war, sind lange vorbei. Die Bevölkerung der Stadt wächst – und das sogar schneller als bisher angenommen. Das zeigt die aktuelle Prognose, die Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) am Mittwoch präsentierte.

Die wichtigsten Details: Bereits 2029 wird Wien mehr als zwei Millionen Einwohner haben. Das ist ein Jahr früher als bisher prognostiziert. 2044 wird die Stadt dann sogar 2,11 Millionen Bewohner haben. Das wäre mehr als der bisherige Höchststand in den letzten Jahren der Donaumonarchie. Damals lebten 2,08 Millionen Menschen in Wien. Danach ging die Zahl fast stetig zurück.

Doch woher kommen die neuen Wiener? Rund zwei Drittel des prognostizierten Einwohneranstiegs machen Zuzügler aus anderen Bundesländern oder aus dem Ausland aus. Das restliche Drittel erklärt sich aus einem Geburtenüberschuss. "2013 hatte Wien beispielsweise die höchste Geburtenzahl seit 1969", rechnet Klemens Himpele, Leiter der zuständigen MA 23, vor.

In den nächsten Jahren soll die Zahl der jährlichen Geburten von 18.000 noch auf knapp 20.000 steigen und mittelfristig auf diesem Niveau bleien. Die Sterbefälle pro Jahr werden konstant bei etwa 16.000 liegen.

Daraus ergibt sich: Wien wird jünger und älter zugleich. Die am schnellsten wachsenden Bevölkerungsgruppen sind die Personen über 75 (plus 37 Prozent bis 2024) und die 0- bis 14-Jährigen (+16%). Damit ist Wien auf dem Weg, bis spätestens 2016 Vorarlberg als jüngstes Bundesland abzulösen. Derzeit liegt das Wiener Durchschnittsalter bei 41 Jahren, im Gegensatz zu anderen Bundesländern wird es nur leicht steigen.

Gewinner und Verlierer

Mit Abstand am stärksten profitiert die Donaustadt von diesem Trend. Ihre Bevölkerung wird bis 2034 um 34 Prozent zulegen (siehe Grafik unten). "Das hat natürlich damit zu tun, dass hier sehr viel gebaut wird", sagt Himpele. Zu den weiteren boomenden Regionen gehören Brigittenau und Favoriten.

Am untersten Ende der Skala befinden sich ausgerechnet die klassischen Wiener Nobelbezirke. Döbling wird seinen Bevölkerungsstand bis 2034 gerade noch halten können, Hietzing wird zwei, die Innere Stadt gar elf Prozent seiner Bürger verlieren.

Warum das so ist, macht Himpele am Beispiel Hietzing fest: Hier sei die Bevölkerung überdurchschnittlich alt, woraus sich ein Geburtendefizit ergebe.

Der stadtweite Bevölkerungsanstieg bringt jedenfalls enorme Herausforderungen für die Politik. "Allein in die Kindergärten, Schulen, Gesundheitseinrichtungen und den Öffentlichen Verkehr müssen nur bis 2020 7,5 Milliarden Euro investiert werden", betont Brauner. Dieses Geld können wir nicht aus der Portokasse nehmen."

Einmal mehr spricht sich Brauner daher dafür aus, derartige Zukunftsinvestitionen vom Stabilitätspakt auszunehmen, der Kommunen verbietet, größere Mengen an Fremdmitteln aufzunehmen.

Rasantes Wachstum in der Donaumetropole

Auch im internationalen Vergleich ist das Wiener Bevölkerungswachstum beachtlich: Betrachtet man das Wachstum aller 59 EU-Städte mit mehr als 500.000 Einwohnern seit dem Jahr 1992, kommt Wien auf den neunten Rang.

Rasantes Wachstum in der Donaumetropole
Den stärksten Zuwachs in dieser Statistik verbucht Stockholm (siehe Grafik). Was auffällt: Besonders schlecht schneiden in diesem Ranking die italienischen Großstädte wie Rom, Mailand oder Neapel ab. Sie verloren seit 1992 zum Teil beträchtlich an Bevölkerung. Am stärksten ist mit 27 Prozent der Rückgang allerdings in der lettischen Hauptstadt Riga.

Wien kommt sogar auf Rang eins, wenn man das Wachstum der 17 größten europäischen Stadtregionen miteinander vergleicht. Mit einem Zuwachs von 4,65 Prozent bis 2025 liegt es deutlich vor dem Zweitplatzierten Madrid (plus 2,97 Prozent). In absoluten Zahlen ausgedrückt bedeutet das Folgendes: Im Jahr 2010 lebten in der Stadtregion Wien 2,38 Millionen Menschen, 2015 werden es bereits fast 2,5 Millionen sein. Das geht aus einer Erhebung von UN Habitat hervor.

Gleich nach Berlin

Bereits heute ist die Donaumetropole die siebtgrößte Stadt der EU und nach Berlin und noch vor Hamburg die größte deutschsprachige Stadt.

Mit einem Minus von elf Prozent in den nächsten 20 Jahren ist der 1. Bezirk der große Verlierer der aktuellen Bevölkerungsprognose. Dass sie auch tatsächlich so eintreten wird, will man dort nicht ganz glauben. "Wir beobachten, dass das Interesse, in der Inneren Stadt zu wohnen, zuletzt wieder stark gestiegen ist", heißt es im Büro von Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel (ÖVP). "Schließlich verfügen wir über eine hervorragende Infrastruktur." Aber: Man werde künftig auch in der Innenstadt stärkere Akzente für leistbares Wohnen setzen müssen, richtet man der Stadtpolitik aus.

In der Donaustadt, die am anderen Ende der Skala rangiert, sieht man sich für den starken Bevölkerungszustrom gerüstet. "Von den sechs in Wien geplanten Bildungscampussen entstehen drei im 22. Bezirk", sagt der neue Bezirksvorsteher Ernst Nevrivy. Die U2 sei bereits in die Donaustadt verlängert und das Busnetz ausgebaut worden. "Für den Individualverkehr brauchen wir aber auch die Stadtstraße Aspern", betont er einmal mehr.

Wohnen

Relativ gelassen kommentiert man im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) die neue Prognose. "Wir haben bereits 2007 mit der sukzessiven Anhebung der Neubau-Leistungen begonnen", betont ein Sprecher. In Sachen geförderten Wohnungen baue keine Stadt so viel wie Wien. Pro Jahr würden 6500 bis 7000 neue Wohneinheiten fertig werden, hinzu kommen 1500 bis 2000 private Wohnungen.

Wohnbauprojekte ließen sich allerdings nur dann realisieren, wenn es auch die nötige Infrastruktur im Umfeld gebe.

Bildung

Dazu gehören allen voran Schulen: Bis 2020 wird es in Wien rund 6000 zusätzliche Volksschüler geben. Es gibt einen jährlichen Bedarf an zusätzlichen 45 Volksschulklassen und 45 Klassen im Bereich AHS und NMS – und einen Investitionsbedarf von rund 100 Millionen Euro im Jahr. Ein Viertel davon müsste der Bund übernehmen, der für AHS und NMS zuständig ist. Unabhängig davon bleibt für Wien eine große Summe übrig. "Für die Zukunft unserer Kinder müssen wir es aber in die Hand nehmen", sagt Bildungsstadtrat Christian Oxonitsch (SPÖ).

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