Pfleger kommen zu behinderten Kindern

Bünyamin Saray küsst seine Tochter und schätzt die neue Aktion.
Das Haus der Barmherzigkeit bietet mit dem Wiener Jugendamt nun eine Betreuung in den eigenen vier Wänden an.

Sümeyye liegt seit 13 Jahren, seit ihrer Geburt, im Bett. Nachdem Sümeyye dem Kinderwagen entwachsen war, konnte Familie Saray aus Wien-Simmering – die Eltern und zwei weitere Töchter – nie gemeinsam die Freizeit verbringen. Sümeyye ist mehrfach behindert, muss rund um die Uhr betreut werden.

Seit vergangenem Jahr hat sich das Leben der Familie verändert. "Wir haben Zeit, gemeinsam einkaufen zu gehen", sagt Bünyamin Saray, der Vater von Sümeyye. "Wir konnten zum ersten Mal mit unseren Kindern gemeinsam ins Kino gehen. Und meine Frau hat jetzt in der Woche 15 Stunden Zeit, einen freien Kopf zu bekommen." 15 Stunden, in denen sich die Familie um die Tochter keine Sorgen machen muss. 15 Stunden pro Woche kommt seit August 2013 eine diplomierte Pflegekraft des Integrationsteams vom Haus der Barmherzigkeit (HABIT) in die Wohnung der kurdischen Familie.

"Das Jugendamt ist an uns herangetreten, um Kinder- und Jugendliche aus Heimen wieder in ihre Familien zu holen", erklärt Gabriele Hetzmannseder, die Geschäftsführerin von HABIT, die Grundidee der neuen Aktion "Mobile Begleitung". Fachsozialbetreuerinnen oder diplomierte Pflegekräfte kommen als Unterstützung in die Wohnungen der Klienten.

Zuerst gehe es darum, Vertrauen aufzubauen. Es käme ja eine fremde Person in die eigenen vier Wände. "Und Eltern sind meist skeptisch, was Experten betrifft", sagt Hetzmannseder. Petra Jonke, Leiterin von "Mobile Begleitung": "Am Anfang ist die Angst auch bei Familie Saray groß gewesen, dass ihr Kind Schmerzen haben könnte. Aber unsere Mitarbeiterinnen konnten den Eltern zeigen, dass Sümeyye sehr viel kann." "Unser Ziel ist, dass dieses Mädel einmal in die Schule geht", gibt Hetzmannseder die Linie vor.

Langsam wurde Sümeyye von den Fachkräften ein Wahrnehmen der eigenen Körperteile ermöglicht. Mittlerweile kann sie die Arme selbstständig heben. "Wir sind so glücklich", sagt ihr Vater. "Sümeyye hat in den wenigen Monaten viele Fortschritte gemacht."

Finanziert wird das Projekt ab Pflegestufe vier vom Wiener Jugendamt. Derzeit werden laut Auskunft der Stadt Wien 59 Kinder ambulant betreut – zwischen zehn und 40 Stunden pro Woche. Weitere ambulante Dienste – auch für junge Erwachsene – sind in Aufbau. Hetzmannseder spricht von einer Win-Win-Win-Situation: Den Kindern geht es besser, die Eltern erleben eine immense Erleichterung, und die Öffentlichkeit spart sich auch noch Geld.www.hausderbarmherzigkeit.at

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