"Millionäre vor sich selbst schützen"

Von einem öffentlichen Outing raten die Österreichischen Lotterien den Millionären grundsätzlich ab.
815 Euro-Millionäre gibt es aktuell, die meisten bleiben anonym – so auch jener Wiener, der am Mittwoch den Fünffach-Jackpot geknackt hat.

Ein Wiener setzt sich Donnerstagfrüh mit seiner Quicktipp-Quittung vor den Computer. Die Lotto-Ziehung am Vorabend hat er verschlafen, aber als er die aktuellen Zahlen vor sich hat, ist er plötzlich hellwach: Die Zahlen am Bildschirm sind mit denen auf seinem Zettelchen ident.

Was er zu der Zeit noch nicht weiß: Die 9,6 Millionen Euro aus dem Fünffach-Jackpot gehören ihm alleine. Für den Solo-Sechser kassiert er die höchste Gewinnsumme in der fast 29-jährigen Lotto-Geschichte.

"Er wirkte sehr gefasst, aber ein bisschen haben seine Hände schon gezittert", schildert Günter Engelhart den Besuch des Rekordgewinners am späten Donnerstagvormittag in der Zentrale der Österreichischen Lotterien.

Über ihn sei nur bekannt, dass er etwa 50 Jahre alt, verheiratet und Vater von vier Kindern ist, den familiären Betrieb leitet und einen Großteil seines Gewinnes dort investieren will.

"Freunde" und Neider

Er möchte, wie fast alle der aktuell 815 Lotto-Euro-Millionäre, anonym bleiben. "Von einem öffentlichen Outing rate ich grundsätzlich ab", sagt der Großgewinnberater der Lotterien, mit dem sich der Neo-Millionär demnächst treffen soll. Anonymität sei auch für ihn von Berufswegen Pflicht – weder sein Name, noch sein Gesicht kommt in die Zeitung. "Es wäre nicht gut, wenn mich die Nachbarn eines Gewinners erkennen. Damit wäre er entlarvt", erklärt er.

Alles strengst geheim, wenn es um das große Geld geht. "Freunde" habe man als Millionär schnell, Neider auch. Aber kann man so einen Gewinn überhaupt verbergen? "Ja, ein Mindestmaß an Vernunft vorausgesetzt." Er rät, sich vorerst nur Dinge zu leisten, die die Nachbarn nicht gleich vor Neid erblassen lassen.

Es sei aber schon wichtig, das Geld zu genießen und es nicht unter dem Kopfpolster zu verstecken. "Ich vermittle dem Gewinner, dass er sich nicht genieren braucht. Er hat das Geld rechtmäßig gewonnen, es gehört ihm", sagt der psychologisch geschulte Berater. "Aber man muss die Leute vor sich selbst schützen. Deshalb empfehle ich – wenn überhaupt –, nur wenigen Mitmenschen davon zu erzählen", fügt er hinzu.

Was wurde aus...

"Bleib am Boden", lautet der Rat von Johann Medl – so von Lotto-Millionär zu Lotto-Millionär. Der 59-jährige Wiener hat am Montag, den 9. März 1987, über das Radio erfahren, dass seine sechs angekreuzten Zahlen die sechs Richtigen sind.

"Millionäre vor sich selbst schützen"
Johann Medl, Medl Brauerei, Linzer Straße
Vier Wochen später hatte er 24 Millionen Schilling am Konto. Ein Haus, ein Auto und die Hochzeit mit seiner Eva hat er sich geleistet – und danach gut investiert. "Ich habe mir meine Arbeit gekauft, und damit bin ich bis heute glücklich", sagt er über seine Gasthausbrauerei "Medl Bräu" in Wien-Penzing.

Damals zierte sein Gesicht etliche Titelblätter, heute ist er nur noch wenigen Gästen als Lotto-Millionär bekannt. "Erst habe ich versucht, den Gewinn geheim zu halten, aber irgendwo ist es durchgesickert und dann war es mir auch schon egal."

Der 58-jährige Günther S. wurde in seinem Heimatort im Bezirk Vöcklabruck in Oberösterreich lange "Herr Millionär" genannt, doch sein Ruhm währte nicht lange. Die zehn Millionen Schilling, die er 2001 mit einem Sechser gewonnen hat, sind weg. Geblieben sind ihm nur die Erinnerung an einen Disneyland-Urlaub mit seinen Kindern und ein Berg Schulden. Er hat einen Teil seines Geldes in einen Schweizer-Franken-Kredit angelegt. Keine gute Entscheidung, wie sich Jahre später herausstellte. Mit dem KURIER möchte er darüber nicht mehr sprechen.

In die Anonymität verabschiedet hat sich auch ein Steirer, der 2008 bei Euromillionen knapp 56 Millionen Euro gewonnen hat. Der Ex-Bürgermeister einer kleinen Gemeinde kaufte sich ein Freizeitzentrum und soll dem Vernehmen nach bis heute gut daran verdienen.

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