Erdogan: "Mein einziges Ziel seid ihr!"
Ein Meer aus tausenden Türkei-Flaggen, laute Rufe und großes Gedränge - der Besuch des türkischen Premierministers Recep Tayyip Erdogan in Wien-Donaustadt hat bei seinen Anhängern große Euphorie ausgelöst. Um 16 Uhr trat Erdogan nach einiger Verspätung auf die Bühne und sprach zu seinen Anhängern. Immer wieder wurde er mit tosendem Applaus und lauten Rufen bedacht.
Mit verfänglichen Aussagen zum Gastland Österreich hielt sich Erdogan zurück. Einzig ein Satz am Ende der Rede, wo er seine bekannte Haltung pro Integration aber gegen Assimilation wiederholte, mag manche gestört haben. Sonst war die Devise: Ich mische mich nicht in die Innenpolitik Österreichs ein.
Außerhalb, bei den beiden Demonstrationen gegen seinen Auftritt, blieb es weitgehend ruhig. Einmal griff die Polizei mit Pfefferspray ein, als aus einem Lokal heraus eine Flasche in die Menge flog und die Lage offenbar zu eskalieren drohte.
Umstrittener Besuch
Offiziell galt der Besuch von Erdogan als ein privater, doch sein Auftritt wird allgemein als Kampf um Stimmen der Auslandstürken bei der türkischen Präsidentschaftswahl im August gewertet. Eine OGM-Umfrage im Auftrag des KURIER zeigt die geringe Akzeptanz der Bevölkerung in Österreich: 70 Prozent der knapp 800 befragten Bürger lehnen Erdogans Besuch ab, 24 Prozent "akzeptieren das".
Im Zuge der Veranstaltung kam es in Wien zu Verkehrsbehinderungen.
Der KURIER war vor Ort und hielt Sie über die Ereignisse rund um den umstrittenen Besuch Erdogans auf dem Laufenden.
Bilder: Erdogan in Wien
Erdogan: "Mein einziges Ziel seid ihr!"
Die Rede ist vorüber, die Demos verliefen weitgehend reibungslos. Der Kurier beendet nun seinen Ticker und verabschiedet sich. Schönen Abend!
Premier Erdogan trifft in seiner Unterkunft, dem Grand Hotel Wien, ein.
Erdogan wird übrigens noch bis morgen in Wien bleiben. Ob das für Freitagvormittag geplante Treffen zwischen Kurz und Erdogan zustande kommen wird, darauf wollte sich Kurz nach wie vor nicht festlegen.
Unser Video-Team hat sich vor Ort ein Bild der Veranstaltung gemacht. Was unsere Redakteure dort an Meinungen eingefangen haben, sehen Sie hier:
Nach der Rede äußerte sich Außenminister Sebastian Kurz kritisch zum Auftritt von Erdogan. Der türkische Premier habe seinen Wahlkampf nach Österreich getragen. "Das lehnen wir ab", fügte der Außenminister hinzu. "Und ich kann nur sagen, Respekt vor dem Gastland schaut eindeutig anders aus."
In der Donaustadt hält die Polizei unterdessen Erogan-Anhänger von der Gegen-Demo fern - für die Demonstranten ist der Abend offenbar noch nicht zu Ende.
Erdogan hat seine Rede mittlerweile beendet. Den Austro-Türken in Wien, potenzielle Wähler bei der Präsidentschaftswahl im August, gab er mit: "Ihr könnt auf diese Türkei stolz sein". Sie sollten sich in die Gesellschaft integrieren, gut deutsch lernen, aber nicht assimilieren, sagte Erdogan, ähnlich wie schon bei seiner Rede in Köln. Am Ende wurde noch zusammen die AKP-Parteihymne gesungen, dann verabschiedete sich der türkische Premier.
Wir wenden uns kurz von der Eishalle ab und schauen, was sich bei der Demo tut. Seit dem Flaschenwurf verläuft die Kundgebung wieder ruhig und diszipliniert. Rund 6000 Menschen sind zum Donauzentrum nahe des Veranstaltungsortes unterwegs.
Demonstrantinnen mit Bauhelmen protestieren gegen Erdogans Haltung gegenüber den Opfern des Grubenunglücks in Soma.
Vor diesem Plakat kurz vor dem Ziel wurden die Buhrufe massiv.
Bis jetzt eine für Erdogan ziemlich sanfte Rede, zumindest meinen das die meisten, die ihn in der Halle erleben.
"Wenn man nach Anatolien schaut, sieht man nicht Krieg und Zerstörung, sondern Zivilisation und Kultur". Zustimmung aus dem Publikum.
"Niemand kann uns zwingen, uns für unsere Kultur und unsere Geschichte zu schämen." Jubel bricht aus.
Und weiter: "Die Medien in Europa müssen sich von ihren antitürkischen Vorurteilen befreien". Damit spielt er offenbar auf die kritische Berichterstattung einiger deutscher Medien nach seinem Kölnbesuch am 24. Mai an.
"Niemand muss vor einer stärkeren Türkei Angst haben!" Die Türken hätten, anders als die Europäer den Putsch immer Putsch genannt." Erdogan zu Ägypten.
Premier Erdogan: "Ich bin nicht hierher gekommen um die Innenpolitik durcheinander zu bringen", und weiter: "Mein einziges Ziel seid ihr!“ Erdogan schwärmt vom tollen, neuen Flughafen in Istanbul. Und spricht über die Bosporusbrücke. Wahlkampf eben.
Sefa hat Erdogan 2003 schon als Einjähriger auf dem Brunnenmarkt getroffen. Jetzt ist er mit seinem Vater wieder in die Halle gekommen.
Erdogans Ansprache hat begonnen. Die Halle ist bis auf den letzten Platz besetzt, der Public-Viewing-Bereich ist halb voll, rund 3000 Menschen sollen sich die Rede hier ansehen. "Ich habe Grüße von 77 Millionen Bürgern der Türkei im Gepäck", so Erdogan zum Auftakt.
Leider ist das Netz in der Halle zusammengebrochen. Wir bemühen uns aber weiterhin um zeitnahe Informationen.
Die Wega ist unterdessen wieder abgezogen.
Zurück in die Eishalle: Erdogan war auf der Bühne. Jetzt sitzt er in der ersten Reihe und wartet ...
Die Albert-Schultz-Eishalle wurde übrigens 1995 von der Gemeinde Wien für die Eishockey-Weltmeisterschaft 1996 der Gruppe A erbaut. Benannt wurde sie nach Albert Schultz, der in den Jahren 1981 bis 1993 Bezirksvorsteher der Donaustadt war.
Bei der Großdemo droht die Lage zu eskalieren: Irgendwer hat offenbar aus einem Telefonshop heraus eine Flasche auf die Demonstranten geworfen. Zwei Personen wurden laut Polizei festgenommen. Die Stimmung ist aufgeheizt, die Polizei greift mit Pfefferspray ein. Auch unser KURIER-Fotograf hat etwas davon abbekommen. Nicht gut!
Auf Twitter rumort es. Angeblich haben Erdogan-Symphatisanten bei der Reichsbrücke die Gegendemonstranten abgepasst, es soll zu Tumulten gekommen sein. WienTV schreibt von Pffefferspray und aufgeheizter Stimmung:
Man bemüht sich um Ordnung
Kritische Stimmen aus der Zuhörerschaft – Yilmaz Gülüm schreibt für Kobuk:
"Dieses Land hat nur einen Führer: Recep Tayyip Erdogan" - weiß der Einpeitscher eh, in welchem Land er grad ist? #ErdoganInWien
Der Kollege von standard.at hat unterdessen eigenwillige Autos gesichtet:
Recep Tayyip Erdogan hat unter begeistertem Beifall die Bühne betreten.
Die Großdemo, die beim Praterstern ihren Anfang genommen hat und Richtung Donauzentrum unterwegs ist, betritt jetzt die Reichsbrücke. Die Polizei hat ja ursprünglich von 2000 Teilnehmern gesprochen, es dürften aber deutlich mehr unterwegs sein. Das Publikum reicht von Jung bis Alt, auch österreichische Organisationen sind vertreten, den Großteil stellen aber Türken und Aleviten.
"Schulter an Schulter gegen Faschismus" und "Überall ist Taksim, überall ist Widerstand", skandieren die Menschen.
Hier ein paar erste Video-Impressionen aus der mittlerweile knallvollen Albert-Schultz-Halle:
Einpeitscher: "Seid ihr bereit??!" Oh ja, das sind sie!
Auch am Praterstern in der Leopoldstadt haben sich mittlerweile Erdogan-Gegner versammelt. Etwa 40 linksgerichtete Organisationen hatten zu der Demo aufgerufen. Ab 15 Uhr werden sie zum Donauzentrum nahe der Albert-Schultz-Eishalle ziehen (den genauen Verlauf finden Sie hier). Die Polizei rechnet aktuell mit bis zu 6.000 Teilnehmern, gegen 13.30 hatten sich laut Polizeisprecher Roman Hahslinger jedoch lediglich rund 2.000 Personen bei der Auftaktkundgebung versammelt.
Die Halle ist für den Auftritt von Erdogan jetzt bereit. Ursprünglich hätte das Rahmenprogramm in der Albert-Schultz-Halle um 14 Uhr beginnen sollen. Da der Einlass jedoch schleppend vorangeht, verschiebt sich alles. Wann genau Erdogan mit seiner Rede beginnen wird, ist aber noch nicht ganz klar. Die Menschen lassen sich drinnen wie draußen derweil noch nicht aus der Ruhe bringen.
Mehrere österreichische Politiker haben im Vorfeld den Besuch kritisch bewertet. Außenminister Kurz hatte Erdogan zu einer vorsichtigen Wortwahl aufgerufen, um die türkische Community in Österreich nicht zu spalten. Auch Innenministerin Mikl-Leitner schloss sich dem Appell ihres Parteikollegen an und wünschte sich "sensibles Vorgehen" vom Premier.
Vizekanzler Spindelegger, der sich derzeit in Luxemburg aufhält, hofft, dass Erdogan bei seinem Besuch am Donnerstag in Wien "nur wahlkampfbedingte Aussagen" mache, wo es "nicht darum geht, die Bevölkerung gegeneinander aufzuwiegeln". Erdogan habe ihn im Vorfeld gefragt, ob er ihn treffen könne, "aber ich bin hier und kann daher nicht", so Spindelegger.
Vor der Oper haben sich mittlerweile rund 400 Personen eingefunden, um gegen den Auftritt Erdogans zu protestieren. Auf Plakaten wird Erdogan unter anderem als „Diktator und Mörder“ bezeichnet. Hier hatte der Verein zur Förderung des Gedankenguts von Kemal Atatürk zum Protest aufgerufen. Es ist es sehr laut, die Versammlung läuft bisher aber recht gesittet ab.
Der Platz vor der Albert-Schultz-Halle füllt sich immer mehr, Tausende harren im Freien der Rede von Erdogan, die auf einer großen Videowand nach draußen übertragen wird. Merchandising gibt es natürlich auch.
Die Veranstaltung bringt auch einige Einschränkungen im öffentlichen Verkehr mit sich: Von 10.30 Uhr bis voraussichtlich 20 Uhr werden fünf Buslinien im Umkreis um die Albert-Schultz-Halle kurzgeführt bzw. umgeleitet. Betroffen sind die Linien 22A, 26A, 27A, 93A und 94A. Auf sicherheitspolizeiliche Anordnung wird die U1 die Station Kagran ab 13 Uhr durchfahren. Auch kann es entlang der Demo-Routen zu Verkehrsbehinderungen kommen.
Hier die Routen der beiden Demonstrationen:
Die ersten Besucher versuchen, über die Absperrung zu klettern. Es herrscht heißes Sommerwetter, und die Polizei ist sauer, weil der Einlass so tröpferlweise voran geht: "Die Leute stehen da in der Hitze - klar, dass sie haaß werdn!" Die Sicherheitsheitsleute lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, sie verteilen Wasser an die Wartenden.
Um 12 Uhr hat der Einlass in die Albert-Schultz-Halle begonnen, die Erdogan-Anhänger drängen zum Eingang. Jeder Einzelne wird genau kontrolliert. Es geht zäh, aber diszipliniert voran. In der Halle wurden 7.000 Anhänger erwartet, zum Public Viewing davor sollen sich rund 10.000 Erdogan-Fans einfinden.
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