Kleines Kind mit Duschkopf verprügelt

Symbolbild
Mutter und Stiefvater rechtfertigen „Erziehungsmaßnahmen“, Jugendamt fiel nichts auf.

Eine sogenannte „Erziehungsmaßnahme“ war, die dreieinhalbjährige Amelie (Name geändert) in den Kasten zu sperren. „Was haben Sie erwartet, dass das Kind für immer und ewig still sein wird?“, fragt Richterin Christina Salzborn die Angeklagten.
Es hätte nicht viel gefehlt. Noch heute, über ein Jahr nach ihrer Befreiung, hat Amelie Albträume: „Natascha (so nennt sie ihre Mutter) und Tommi (der Stiefvater) haben mich tot gemacht.“ Sie lebt jetzt bei ihrer Tante und verlangt, dass diese niederschreibt, was ihr widerfahren ist: Thomas S., 23, hat sie an den Ohren durchs Zimmer gezerrt, sie vom Sofa gestoßen, wenn sie kuscheln wollte, ihr den Mund mit Tixo verklebt, bis sie Angst hatte zu ersticken. Er hat ihr den Popo versohlt, wobei sie die Hose ausziehen musste, damit es ordentlich weh tut. Amelie musste in der Ecke knien, mit verschränkten Händen. Der Stiefvater hat einen Kampfhund, man drohte Amelie, der werde sie in den Hals beißen.

Arm gebrochen

Erst seit kurzer Zeit ist Amelie dazu zu bewegen, in die Brause zu steigen. Thomas S. soll ihr einmal den Duschkopf ins Gesicht geknallt haben. Damals musste man mit dem blutüberströmten Kind ins Spital. Dort war dann auch nicht zu übersehen, dass der eine Arm doppelt so dick wie normal ist. Er war gebrochen worden und unbehandelt geblieben, das Kind bekam bloß Zäpfchen gegen die Schmerzen. Der Stiefvater hat ihn ihr umgedreht, erzählte die kleine Amelie.
Und die 29-jährige Mutter? Sie hat auch hingeschlagen und gequält oder es zumindest geduldet. Die Kleine habe nicht gefolgt, sagt sie beim Prozess im Wiener Landesgericht: „Ein kleiner Teufel. Ich hab’ nicht gewusst, was man mit ihr noch alles anstellen soll.“
„Sie war ein kleiner Teufel und hat Sachen kaputt gemacht.“ Natascha D. Die Mutter Ihr Verteidiger findet das nicht so schlimm: „Ich hab auch ein kleines Kind, man muss schon Erziehungsmaßnahmen setzen können, das ist halt mit Sanktionen verbunden.“ Die Angeklagten schieben einander erwartungsgemäß die Schuld zu. Sie sagt, die Tochter sei ein „unkompliziertes lustiges Kind“ gewesen, bis er kam. Sie habe dem Mädchen „nur manchmal eine Watschen“ gegeben, „aber ich hab’ nie voll durchgezogen“.
Er sagt: „Ich war es nicht allein.“ Und über Amelie: „Sie hat uns verarscht.“ Und zwar wie? „Sie hat gesagt: ,Schau einmal her!‘, und dann hat sie absichtlich die Schale mit den Cornflakes runtergehaut.“ Zum Einsperren in den Kasten sagt er, seine Schwester habe ihn als Kind auch in den Kasten gesperrt. Und warum man Amelie strafweise die Decke weggenommen hat? „Weil sie nicht einschlafen wollte.“ Richterin: „Hat es was gebracht?“ – „Nein.“ – „Komisch.“
Zumindest zwischen April und Juni 2011 war das kleine Mädchen überall grün und blau. Ist das niemandem aufgefallen? Das Jugendamt hatte Natascha D., der man schon ihren Sohn hatte abnehmen müssen (er lebt bei der Oma) , unter Kontrolle. Als sie sich dann nicht mehr traute, sich mit dem Kind sehen zu lassen und die Termine einfach schwänzte, alarmierte das niemanden. Auch nicht, dass Amelie dem Kindergarten fern blieb.
Es wurde vertagt.

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