Juristisches Gezerre um Patienten

Juristisches Gezerre um Patienten
Ein psychisch Kranker will in andere Klinik – doch das Otto-Wagner-Spital bleibt hart.

Dominik (Name geändert, Anm.) ist gezeichnet. Vor zehn Jahren hielt er das Leben nicht mehr aus. „Mama, ich hab’ Angst, dass ich mir etwas antue“, sagte er zu seiner Mutter. Doch zwei Krankenhäuser – das Otto-Wagner-Spital und der Rosenhügel – nahmen ihn nicht auf (der KURIER berichtete damals). Dominik fuhr wieder heim. Und sprang aus einem Fenster im zweiten Stock eines Hauses in Wien-Wieden.
Sein Leben hing am seidenen Faden. Er hat überlebt. Auf einem Auge ist er blind, auf einem Ohr taub. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten, das Verfahren wurde aber eingestellt.
Dominiks psychische Probleme sind geblieben. Und deshalb ist er wieder stationär in Behandlung – ausgerechnet im Otto-Wagner-Spital. Ginge es nach ihm und seiner Mutter, wäre das allerdings schon lange nicht mehr so.
Nicht, weil sie keine Behandlung mehr wollen. Vielmehr, weil sie das Vertrauen ins Otto-Wagner-Spital verloren haben. Dominiks Mutter kämpft um eine Verlegung ihres 28-jährigen Sohnes nach Innsbruck. Doch so einfach ist das nicht. Auch zwei Bezirksgerichte und ein Sachwalter haben da ein Wort mitzureden.
„Dominik bekommt im Otto-Wagner-Spital nicht die Therapie, die er braucht“, sagt seine Mutter. Sie will anonym bleiben. Auch das Pflegschaftsgericht Innere Stadt sah Probleme und sprach sich für eine Unterbringung in einer Einrichtung „außerhalb des bisherigen Umkreises des Betroffenen“ aus. Und zwar in einer Krankenanstalt, die „eine spezielle, auf sein Krankheitsbild abgestimmte, Behandlung bieten kann.“ Eine Verlegung nach Innsbruck wurde genehmigt.

Juristisches Gezerre um Patienten

Passiert ist sie aber nicht. Denn: Gegen den Beschluss des Gerichtes wurde Beschwerde eingebracht – und zwar von einer Vertretungsnetz-Patientenanwältin aus dem Otto-Wagner-Spital. Und: Wenige Tage später erließ die zuständige Richterin einen Berichtigungsbeschluss. Heißt: Sie revidierte ihre Meinung – für eine Verlegung nach Innsbruck sprach plötzlich nicht mehr die bessere Behandlung, sondern eine räumliche Entfernung zur Mutter.
Gegen eine Verlegung sprach sich laut KAV auch das Bezirksgericht Fünfhaus aus. Denn das entschied nicht nur über die Unterbringung des jungen Mannes bis 13. Jänner, sondern stellte auch fest, „dass es derzeit keine vernünftige Behandlungsalternative, die zum Vorteil des Patienten gereichen würde“, gäbe. „Diesem Umstand tragen die Ärzte im Otto-Wagner-Spital Rechnung“, sagt KAV-Sprecher Christoph Mierau.
Anwalt Florian Kreiner – er vertritt Dominiks Mutter – kann nur den Kopf schütteln. Konkrete Behandlungsalternativen liegen auf dem Tisch. „Die Tatsache, dass sich ein Spital nicht an Gerichtsbeschlüsse gebunden erachtet und einen Patienten, dem seit Monaten keine adäquate Therapie zukommt, nicht zur Überstellung in eine einen Therapieplatz bereitstellende Klinik herausgibt, ist in rechtsstaatlicher Hinsicht höchst bedenklich.“ Er mutmaßt über die Beweggründe: „Möglicherweise soll die Herausgabe der Krankenakte vereitelt werden.“
Fraglich sei auch die Rolle der Patientenanwaltschaft beim Otto-Wagner-Spital. „Diese handelt entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen des Betroffenen und versucht, einen formell rechtskräftigen Gerichtsbeschluss zu bekämpfen – ohne aktiv legitimiert zu sein.“
Die Patientenanwaltschaft war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

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