Erbschaftskrimi endet für Autor mit Haftantritt

Stephan Templ lebt und arbeitet in Prag, am 28. September muss er in Wien-Simmering Strafe antreten.
Notar bekommt es mit Staatsanwalt zu tun, inzwischen geht Prager Journalist in Wiener Gefängnis.

Am Montag in einer Woche muss der in Prag lebende Journalist und auf Restitution spezialisierte Autor mit jüdischen Wurzeln, Stephan Templ, seine einjährige Haftstrafe in der Justizanstalt Wien-Simmering antreten. "Untertauchen werde ich nicht, ich bin ja nicht der Udo Proksch. Wobei ich nichts gemacht habe wie der Proksch", sagt Templ zum KURIER. Es ist der Schlussakt in einem skurrilen Erbschaftskrimi, der Österreich weltweit kritische Schlagzeilen beschert. Templ geht für einen Betrug ins Gefängnis, von dem niemand weiß, wer eigentlich geschädigt ist.

Das herrschaftliche Sanatorium Fürth in Rathaus-Nähe in Wien-Josefstadt war den jüdischen Besitzern von den Nazis geraubt worden. Erst spät entschloss sich die Republik Österreich zur Rückgabe bzw. Ablöse an die Nachfahren der Eigentümer. Ein Wiener Notar machte für ein Drittel der eingebrachten Summe als Honorar die verstreuten Erben ausfindig. Mehrere ließ er unter den Tisch fallen, bekundete sogar das Erlöschen einer Linie, obwohl er von einem Berliner Gericht über einen Rechtsnachfolger informiert worden sein soll.

Keine Gnade

Unter den vom Notar nicht genannten Erben befanden sich Templs Mutter und deren Schwester. Templ erfuhr durch Zufall davon und erreichte in Eigenregie – ohne die gut bezahlten Dienste des Notars in Anspruch zu nehmen – für seine Mutter einen Zuspruch von 1,1 Millionen Euro. Die Existenz der Tante, mit der man über Kreuz ist, unterschlug er. Das kann man moralisch verurteilen. Aber Templ meint, die Restitution ist ein Gnadenakt, kein Recht, daher habe er nicht die Pflicht, sich für andere Erben zu engagieren. Apropos Gnade: Der Bundespräsident hat Templs Begnadigung abgelehnt.

Vier Jahre nach Ablauf der Antragsfrist informierte der Notar die Tante, dass sie ebenfalls Erbin gewesen wäre. Diese zeigte ihren Neffen prompt an (und klagte ihren Anteil ein), Templ wurde als Betrüger verurteilt. Wobei: Die Tante wurde vom Strafgericht nicht als Geschädigte anerkannt, laut Urteil wurde die Republik geschädigt. Die Finanzprokuratur (Anwaltskanzlei des Staates) erklärte allerdings, beim Bund sei kein Schaden entstanden. Für den Notar interessiert sich verspätet doch noch der Staatsanwalt, aber das kann Templ auch nicht mehr retten.

Kommentare