Einbrechern wird die Arbeit erschwert

Mariola und Wojciech Wojcik gehören zu den ersten Bewohnern des Vorzeigeprojekts in Floridsdorf. Ihre Wohnung ist quasi einbruchssicher.
Die Zahl der Einbrüche steigt wieder. Im Wiener Wohnbau reagieren die Planer auf diese Entwicklung.

Mariola und Wojciech Wojcik fühlen sich sicher. Dass seit dem Vorjahr die Zahl der Einbrüche in Häuser und Wohnungen wieder ansteigt (siehe unten), lässt das Ehepaar kalt. Denn die beiden beziehen ein sicherheitstechnisches Vorzeigeprojekt in Floridsdorf. Die Anlage mit 242 Wohnungen in der Grellgasse, die am Dienstag an die Bewohner übergeben wurde, ist ein Paradebeispiel dafür, wie im Wiener Wohnbau dem gesteigerten Sicherheitsbedürfnis der Bürger Rechnung getragen wird.

Insgesamt umfassen die Projekte, die aus einem Bauträgerwettbewerb der Stadt Wien zum Thema "Wohnsicherheit" entstanden sind, 680 Wohnungen (die Grellgasse ist nur eines davon). Zu den Gesamtbaukosten von 101 Millionen Euro steuerte die Stadt 34 Millionen bei.

Für die Grellgasse entwickelten die Bauträger Eisenhof, BWSG und WBV-GÖD in Kooperation mit dem kriminalpolizeilichen Beratungsdienst ein spezielles Sicherheitskonzept. Dieses beinhaltet zum Beispiel sogenannte "einbruchshemmende" Türen und Fenster (die sich nicht aushebeln lassen). Oder auch die Videoübertragung an der Gegensprechanlage. Außerdem liegen die Erdgeschoße einen Meter über Bodenniveau. Und die Wege zwischen den Gebäuden sind großzügig ausgeleuchtet.

Aber auch im Inneren der neun Gebäude dreht sich alles ums Thema Sicherheit. Die Gemeinschaftsräume sind durch elektronische Zutrittskontrollen gesichert. Hinein gelangt man nur mit der passenden Chipkarte. In den Stiegenhäusern sowie in den Tiefgaragen gibt es keine dunklen Ecken mehr. Alles ist hell und freundlich. Und neben den Ausgängen in den Garagen hängen mit einem Wachdienst verbundene Notrufsäulen.

Auf die Miethöhe habe das Sicherheitskonzept keine Auswirkung, betont Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Die 242 Wohnungen sind bereits vergeben.

Der wichtigste Schutz vor Einbrechern sei aber ohnehin kostenlos, meint Ludwig. "Das Wichtigste ist eine gut funktionierende Nachbarschaft, in der die Leute aufeinander schauen."

"Rate zu Alarmanlagen"

"Jeder Mensch hat das Bedürfnis, sich in einem sicheren Umfeld zurückziehen zu können. Die Bedrohung von außen kann die persönliche Stabilität ins Wanken bringen", erklärt Psychologe Cornel Binder-Krieglstein den großen Andrang auf die besonders sicheren Wohnungen.

Der Mediziner ist unteranderem in der Notfallpsychologie für Opfer von Einbrüchen tätig. "Alles, was gegen die Angst hilft, ist sinnvoll. Also rate ich vielen Patienten zu Alarmsystemen", sagt Binder-Krieglstein weiter. Die Betroffenen sind sich aber oft nicht sicher, ob sie die Systeme erkennbar platzieren sollen. "Viele Täter glauben erst durch die Existenz einer Anlage, dass es dort etwas zu holen gibt." Im Zweifelsfall sollte man das mit einem Experten abklären. Die allgemeine Angst vor einem Einbruch wird laut dem Vizepräsidenten des Verbands Österreichischer Psychologen auch deshalb erhöht, weil sich die Berichte darüber häufen.

"Organisierte Kriminalität ist stark ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Das Misstrauen steigt automatisch." Psychologische Betreuung kann präventiv und nach einem Einbruch helfen. Eine Option ist die Hotline des Berufsverbandes für Psychologen: 01/504 80 00.

Die Zahlen, die die Polizei zum Vorjahr veröffentlichte, bestätigen das mulmige Gefühl vieler Österreicher. 2013 gab es im Vergleich zu 2012 einen Anstieg von 7,1 Prozent bei Einbrüchen in Wohnungen und Häuser. Insgesamt wurden deshalb 16.548 Anzeigen erstattet. Um sich präventiv zu schützen, wandten sich im Vorjahr 361.108 Österreicher an die Polizei, um sich Tipps zum Thema Einbruch und Diebstahl zu holen.

Obwohl die Polizei seit Jahren verstärkt auf Einbrecher-Jagd geht, vertrauen viele Österreicher lieber in die Technik und investieren in Alarmanlagen und Sicherheitsvorkehrungen für die eigenen vier Wände. Jeder Elektrofachmarkt hat mittlerweile Videokameras und Alarmsysteme im Sortiment, die für wenig Geld viel Sicherheit versprechen.

Diesen Trend haben auch viele Firmen erkannt. Johann Slauf war 20 Jahre bei der Polizei tätig und betreibt seit sechs Jahren ein Sicherheitsunternehmen. "An die 70 Prozent unserer Kunden sind selbst schon zum Opfer geworden oder haben einen Einbruch in ihrem direkten Umfeld erlebt", erklärt der Unternehmer. Vor allem Einfamilienhäuser und Wohnungen im Erdgeschoß sind beliebte Einbruchsziele. "Uns ist in letzter Zeit aufgefallen, dass die Täter nicht einmal vor einem Einbruch zurückschrecken, obwohl jemand zu Hause ist. Das ist natürlich für viele eine besonders schlimme Vorstellung", sagt Slauf weiter. Der Experte rät vor allem zu einer Alarmanlage, die sofort Kontakt mit der Polizei herstellt. "Das schreckt viele Täter ab und man hat die Garantie, dass schnell Hilfe vor Ort ist." Johann Slauf hat auch Videoüberwachungsanlagen in seinem Sortiment. "Für private Haushalte bringt eine Videokamera eigentlich wenig. Die Täter halten sich oft einfach die Hand vors Gesicht", so Slauf. Anfragen bekommt er trotzdem – wenn auch eher kurioser Natur. "Ich hatte schon Fälle wo die Leute ihr Kindermädchen überwachen wollten, weil sie dachten, dass sie stiehlt."

Personal im Visier

Dass viele Österreicher eine solche Überwachung in Betracht ziehen, beweist eine Studie von immowelt.at. Demnach können sich fast drei Viertel der Bevölkerung vorstellen, Handwerker, Putzfrau und Co. per Kamera zu kontrollieren – unter der Prämisse, einen Diebstahl verhindern zu wollen. Wird ein Einbrecher gefilmt, ist das Material ein zulässiges Beweismittel vor Gericht. Streng verboten ist es allerdings, in den eigenen vier Wänden das Personal zu filmen.

Detail am Rande: Sollte man zufällig den Partner – etwa beim Seitensprung – auf dem Video überführen, gilt das als Beweis. Drei Prozent der Österreicher könnten sich auch das vorstellen.

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