Der Traum vom Ring als Flaniermeile

Verweilflächen statt Nebenfahrbahnen: Renommierte Stadtplaner schlagen vor, die Räume rund um die Prunkbauten am Ring für Passanten und Radfahrer zu attraktivieren. Dadurch gingen Parkplätze verloren.
Vizebürgermeisterin Vassilakou will über verkehrsberuhigte Zukunft der Ringstraße diskutieren.

Es gibt noch keinen Plan. Für Kostenschätzungen ist es ebenso noch zu früh wie für einen konkreten Zeitrahmen. Aber es gibt Visionen, wie die Ringstraße, die heuer 150 Jahre alt wird, in Zukunft aussehen könnte. Unter dem Titel "150+" präsentierte Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou am Dienstag zwei davon. Die Quintessenz: Der Ring würde sich als Ort der Begegnung eignen – mit mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer. Und mit weit weniger Verkehr.

"Unsere Vision zur Ringstraße ist eine Transformation von einer schnellen, lärmintensiven Straße hin zu einem Boulevard für Fußgänger", erklärt Marc Montilleó, vom Stadtplanungsbüro "Barcelona Regional". Genau wie "Gehl Architects" aus Kopenhagen wurden die Katalanen von der Stadt Wien eingeladen, Perspektiven für den Ring zu entwickeln.

Gemeinsam ist den präsentierten Ideen die bessere Nutzung der Ringstraße als Aufenthaltsort. Insbesondere die Umgebungen rund um historische Gebäude, wie Universität, Burgtheater und Staatsoper, ließen sich in Flanierbereiche umgestalten.

Und zwar auf Kosten der derzeit hauptsächlich als Parkplätze genutzten Nebenfahrbahnen. Die Dänen schlagen vor, dass Straßenbahn und Individualverkehr weiterhin die Mitte des Rings benutzen könnten – wenn auch in reduziertem Ausmaß. Die Spanier plädieren dagegen für die gänzliche Verbannung der Autos. So könnten Passanten zum längeren Verweilen eingeladen werden, die Prunkbauten würden noch besser zur Geltung kommen, meinen die Experten.

Als Beispiel nennt Vassilakou das Burgtheater. "Auf der einen Seite befindet sich derzeit ein Parkplatz, auf der anderen eine Tankstelle und rundherum sanierungsbedürftiger Asphalt. Das ist ein nachlässiger Umgang."

Geht es nach ihr, könnte daher zwischen Uni und Burgtheater mit der Attraktivierung samt Verkehrsberuhigung begonnen werden. Sofern die Grünen nach der Wahl wieder in der Regierung sitzen, sei es möglich, bereits in der nächsten Legislaturperiode erste Schritte zu setzen. Dann könne die Neugestaltung des Rings "Stück für Stück" vonstattengehen, sagt die Vizebürgermeisterin.

"Inspiration"

Vorerst will Vassilakou die Präsentation der "150+"-Visionen aber bloß als "Inspiration sowie als Anstoß einer Diskussion" verstanden wissen. Bei den anderen Parteien hält sich die Euphorie ob des Inputs allerdings in Grenzen.

Am offensten steht der Debatte noch SP-Verkehrssprecher Siegi Lindenmayr gegenüber – "das ist eine von vielen Diskussionsgrundlagen", meint er. Akuten Handlungsbedarf sieht er aber keinen.

"Ein gravierendes Verkehrschaos" prophezeit dagegen VP-Chef Manfred Juraczka – zumal Vassilakou Pläne, wie und wohin man den bestehenden Autoverkehr umlenken will, schuldig bleibe.

Einen "Super-GAU für die Kaufleute in der City", befürchtet Rainer Trefelik, Handelsobmann in der Wiener Wirtschaftskammer. "Würde der Verkehr eingeschränkt oder behindert, wäre die Erreichbarkeit für Lieferanten und Kunden massiv gestört."

Und für Toni Mahdalik von der FP sind die Visionen "völliger Holler". "Entlang des Rings gibt’s genug Platz zum Flanieren." Parteichef HC Strache spricht von "blankem Verkehrsirrsinn".

Sie lacht - obwohl sie mittels Klebeband fixiert wurde. Seit Dienstag prangt ein Riesenplakat in der Linken Wienzeile unmittelbar beim Naschmarkt, auf dem die Wiener Vizebürgermeisterin und Grüne Spitzenkandidatin Maria Vassilakou in ungewohnter Pose zu sehen ist. Dank der Größe des Bildes gehen sich darauf sogar drei Slogans aus.

Die gefesselte Politikerin wird flankiert von den Sprüchen: "Ich soll den Häupl Michi nicht immer so ärgern", "Ich soll die Pappn halten, wenn der Michi spricht" und "Ich soll dem Häupl Michi nicht immer die Mahü unter die Nase reiben". Das Bild am Haus Linke Wienzeile 34 ist 10,9 x 19,4 Meter groß - und kann damit von den zahlreichen Autofahrern, die Richtung Westen unterwegs sind, gut gesehen werden.

Der Traum vom Ring als Flaniermeile
ABD0061_20150428 - WIEN - ÖSTERREICH: Die Wiener Grünen starten am Dienstag, 28. April 2015, eine Zwischenkampagne mit einem Riesenplakat am Naschmarkt in Wien. Zu sehen ist Maria Vassilakou, die offenbar an der Hauswand klebt. Flankiert wird das Bild von drei Sprüchen: "Ich soll den Häupl Michi nicht immer so ärgern", "Ich soll die Pappn halten, wenn der Michi spricht" und "Ich soll dem Häupl Michi nicht immer die Mahü unter die Nase reiben". - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
Wie die Grünen betonen, soll die "Zwischenkampagne" auf die Beharrlichkeit Vassilakous verweisen, die manches auch gegen Widerstände des Koalitionspartners SPÖ umgesetzt habe, wie es in einer Pressemitteilung hieß. Angela Stoytchev, Landesgeschäftsführerin und Wahlkampfleiterin, kündigte weitere Aktivitäten an: "Mit diesem Plakat überspitzen wir bewusst die unangepasste Rolle von Maria Vassilakou in der rot-grünen Stadtregierung. Es ist das erste Plakate einer Serie, mit dem wir die Haltung der Grünen pointieren wollen."

"Ja, es darf gelacht werden. Veränderung soll - bei aller gebotenen Sachlichkeit - auch Spaß machen", teilte Georg Prack, Landessprecher der Wiener Grünen, in einer Aussendung mit. "Oft ist es nicht immer einfach aber mit der nötigen Leichtigkeit geht dann doch immer etwas für unser Wien weiter."

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