Das verlorene Heurigenidyll
Dichter Nebel liegt dieser Tage über die Neustift am Walde. Nur wenige Menschen sind in den Gassen zwischen den Heurigen unterwegs. Doch es ist nicht nur das trübe Winterwetter, das das einst so beschauliche Döblinger Winzergrätzl etwas trostlos aussehen lässt: Zwei riesige Baulücken klaffen in der Häuserzeile. Hier standen noch vor Kurzem zwei alte Winzerhäuser. Das eine musste nach einem Brand, das andere wegen Einsturzgefahr abgerissen werden. Weitere Häuser sehen so aus, als ob sie über kurz oder lang wohl ein ähnliches Schicksal ereilen wird.
„Es ist einfach schade, dass der dörfliche Charakter von Neustift so verschandelt wird“, sagt Christine Hasslacher, die seit zwei Jahren hier wohnt. Der Politik will sie gar keinen Vorwurf machen: „Der Bezirksvorsteher bemüht sich ja eh, aber die Immobilienfirmen sind eben stärker.“
Immerhin: Nach der Abbruch-Serie im Vorjahr wurde das Rathaus aktiv: Mit einer dreijährigen Bausperre und einer schärferen Bauordnung will die Stadt retten, was noch zu retten ist. Und das nach Einsturzgefahr abgerissene Haus soll wieder so aufgebaut werden, dass es sich in das Ortsbild einfügt.
Kein Museum
Dienstag, 14. Jänner 2014, 18 Uhr, Buschenschank Wolff,19., Rathstraße 44–46. Am Podium: Maria Vassilakou, Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin (Grüne), Michael Ludwig, Wohnbaustadtrat (SPÖ), Markus Landerer, Initiative Denkmalschutz. Der Eintritt ist frei.
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Maria Vassilakou (Planungsstadträtin, Grüne): „Der Stadtplanung steht mit der Flächenwidmung ein sehr effektives Instrument zur Verfügung, um historische Bausubstanz zu schützen. Die Flächenwidmung kann dafür sorgen, Größe und Nutzung von Gebäuden festzulegen. In Neustift haben wir eine Bausperre verhängt. Das gibt uns die Möglichkeit, intensiv über die Zukunft Neustifts nachzudenken und entsprechende Maßnahmen zu setzen.“
Michael Ludwig (Wohnbaustadtrat, SPÖ): „Mit der Novelle der Bauordnung, die noch Mitte dieses Jahres in Kraft treten wird, soll auch Spekulation ein Riegel vorgeschoben werden. So soll nun ein Eigentümer eines Bauwerks verpflichtet werden, bestimmte Bauteile – etwa Tragwerke, Fassadenkonstruktionen, Geländer oder Brüstungen – einer regelmäßigen Überprüfung zu unterziehen und die Ergebnisse in einem Bauwerksbuch zu dokumentieren.“
Markus Landerer (Initiative Denkmalschutz): „Mit der Transparenz in baurechtlichen Verfahren, die das öffentliche Interesse in Schutzzonen betreffen, ist es derzeit noch sehr schlecht bestellt. Meistens gibt es zum Beispiel keinerlei Informationen darüber, wieweit Gutachten, die zu Abbrüchen führen, schlüssig sind. Alle Bürger sollen bei Bauverfahren Informationszugang haben. Das Wiener Auskunftspflichtgesetz muss in dieser Hinsicht novelliert werden.“
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