Was das Gitterbett den Eltern meldet

Google bastelt an einem smarten Kinderbett: von der Luftmessung bis zum Musikprogramm.

Wenn schon smartes Auto, smarte Brille und smarter, sprechender Kühlschrank – warum dann nicht auch ein smartes Gitterbett? Vor zwei Jahren wurde das Patent angemeldet, jetzt ist die Entwicklung eines "smarten Gitterbettes", wie sie Google eilig vorantreibt, in der Endphase.

So viele Messsensoren und Kameras wie möglich sollen in das Bettchen eingebaut werden, um das Baby oder Kleinkind rund um die Uhr beobachten zu können.

Passt die Raumtemperatur, und ist der Sauerstoff-gehalt im Zimmer ideal, oder muss wieder gelüftet werden? Bewegt sich das Kind im Schlaf auffällig viel oder zu wenig, ist die Atmung regelmäßig? Alles wird gemessen, registriert, gespeichert und – wenn man wünscht – als Datensammlung an den PC weitergeschickt.

Hundertstelgramm

Für die Erwachsenen der nächsten Generation wird es dann ein Leichtes sein, auf das Hundertstelgramm genau zu wissen, wie viel sie an welchem Tag als Baby gewogen haben. Oder wie oft der Schnuller aus dem Bett geflogen ist. Oder wie oft das Baby gehustet und die Eltern aus dem Schlaf aufgeschreckt und ins Zimmer geholt hat.

Das altgediente Babyphon – es wird bald Geschichte sein, wenn das volldigitalisierte Gitterbett zum ersten Mal in die Wohnung gerollt wird. Aus der Sicht Googles der große Vorteil dabei: "Weil alle Sensoren im Gitterbett eingebaut sind, mindert das alle Risiken, die dadurch entstehen, dass Dinge rund um oder in der Nähe des Bettes angebracht sind."

Doch damit nicht genug.

Weil die lieben Kleinen nicht nur beobachtet und stets bestens behütet unter Kontrolle sein sollen, denkt Google auch ans Unterhaltungsprogramm. Da mutete es fast schon selbstverständlich an, dass das Gitterbett der Zukunft natürlich musikalisch alle Stückerln spielen muss – von "Hänschen klein" per touch von Elternhand bis zur Kleinen Nachtmusik oder beruhigenden Walgesängen.

Unterhaltung

Was das Gitterbett den Eltern meldet
LAS VEGAS, NV - JANUARY 04: Slow Control's Yum & Done, the first smart spoon and a cuddly toy to help make kids eat their vegetables, is displayed during a press event for CES 2016 at the Mandalay Bay Convention Center on January 4, 2016 in Las Vegas, Nevada. A button on the Bluetooth-enabled spoon activates an app on a smartphone or tablet that is covered by a cuddly toy to keep a child's attention while being fed from the spoon. CES, the world's largest annual consumer technology trade show, runs from January 6-9 and is expected to feature 3,600 exhibitors showing off their latest products and services to more than 150,000 attendees. Ethan Miller/Getty Images/AFP ++ KEINE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGS-BEILAGEN! NUR REDAKTIONELLE NUTZUNG IN TAGESZEITUNGEN, TAGESAKTUELLER TV-BERICHTERSTATTUNG (AKTUELLER DIENST) UND DIGITALEN AUSSPIELKAN€LEN (WEBSITES/APPS) IM UMFANG DER NUTZUNGSVEREINBARUNG. S€MTLICHE ANDERE NUTZUNGEN SIND NICHT GESTATTET.++
Angedacht ist auch die Projektion von Zeichentrickfilmen auf die Zimmerdecke, sobald das Kleinkind in seinem Bettchen zu weinen beginnt.

Nur eines wird das smarte Hightech-Gitterbett wohl auch in Zukunft nicht vermitteln können: Das wunderbar wohlige Gefühl für ein Baby, hochgehoben und in die Arme genommen zu werden.

Die zunehmende Vernetzung des Alltages macht auch vor Kindern im Säuglingsalter nicht Halt. Einige US-Konzerne haben bereits vor Jahren erkannt, dass Gadgets für besorgte Eltern ein großer Wachstumsmarkt sind. So zeigte der Chip-Hersteller Intel 2014 den vernetzten Strampelanzug „Mimo“, der über einen abnehmbaren Sensor Temperatur, Puls, Atemfrequenz und Lage des Babys überwacht. Per Smartphone oder Tablet wissen die Eltern so stets, ob es ihrem Nachwuchs gut geht. Ähnliche Sensoren gibt es auch als Socken oder als Pflaster.
Aber auch das Ess- und Schlafverhalten des Babys kann über verschiedene Gadgets gezielt überwacht werden. Um Koliken zu verhindern, erfasst das Babyflascherl „Baby Glgl“ beispielsweise, ob der Säugling zu schnell an der Flasche nuckelt und warnt per App. Der „SevenHugs HugOne“ wird hingegen unter das Kopfkissen im Gitterbett gelegt und überwacht den Schlaf des Babys. So sollen Eltern den optimalen Zeitpunkt erfahren, um ihr Kind schlafen zu legen.
Der Smart Clip von Intel soll hingegen verhindern, dass Kinder bei hohen Temperaturen im Auto vergessen werden und dabei einen Hitzschlag erleiden. Und selbst beim Wickeln gibt es mittlerweile eine smarte Lösung, die das Gewicht der Windeln und andere Daten nebenher mitprotokolliert. Auch wenn die Hersteller dabei immer wieder den Nutzen der Gadgets hervorheben, sollte man sich nicht zu sehr auf die digitalen Hilfsmittel verlassen. Zudem fürchten Datenschützer, dass die dabei erhobenen Daten
in falschen Händen missbräuchlich verwendet werden könnten. Bisher gab es allerdings keinen Fall, in dem derartige Daten gestohlen wurden. Lediglich bei Kinderspielzeugen häuften sich zuletzt die Berichte über Hacks. So gelang es kürzlich einem Sicherheitsforscher, Daten von einem smarten Plüschbären von Fisher Price zu stehlen.

Michael Leitner

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