Mehr Sensibilität bei Kinderpornos

Mehr Sensibilität bei Kinderpornos
Online-Anlaufstelle erhielt 8792 Hinweise / Politiker-Skandal mobilisierte Internet-User.

Der deutsche SPD-Politiker Sebastian Edathy beherrschte über Monate die Schlagzeilen. In der Affäre ging es um anrüchige Nacktbilder von Kindern, die er bei einem einschlägigen Versand bestellt hatte.

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An den Internet-Nutzern ging das nicht spurlos vorbei. Die intensive Berichterstattung über das Thema „steigert die Sensibilität bei den Usern“, erklärt Barbara Schloßbauer von der Meldestelle gegen Kinderpornografie und NS-Wiederbetätigung stopline.at. Die Online-Anlaufstelle des Dachverbands der heimischen Internetwirtschaft Ispa verzeichnete mit 8792 Hinweisen das meldestärkste Jahr seit ihrer Gründung – ein Plus von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dem steht ein gegenteiliger Trend gegenüber: Denn die Anzahl jener gemeldeten Web-Inhalte, die von stopline.at-Experten als tatsächlich illegal eingestuft wurden, sank um fast ein Drittel auf 1019 Fälle. Der Großteil (98 Prozent) betraf „Kinderpornografie“, „nur“ 24 Meldungen NS-Wiederbetätigung. Schloßbauer führt die Entwicklung auch darauf zurück, dass die Beurteilung von Bildern schwierig sei. Das „nackte Kind am Strand“ sei ein Klassiker, sagt Schloßbauer. „Es ist dennoch immens wichtig, dass die Fälle gemeldet werden.“

Heimische Server geraten selten ins Visier. Im Vorjahr wurden fünf Provider (Internetanbieter, Anm.) angeschrieben, die umgehend die Inhalte löschten. Parallel dazu wurde die Exekutive eingeschaltet. Das Material „wird in solchen Fällen umgehend entfernt“, erklärte Maximilian Schubert, Generalsekretär der Ispa. In der Regel – im Vorjahr in 933 Fällen – sind ausländische Provider betroffen. Herkunftsland Nummer eins sind die USA.

Internationales Netzwerk

Liegt etwa ein illegaler Web-Inhalt auf einem Server in den USA, informiert stopline.at die amerikanische Partner-Meldestelle. Insgesamt sind über ein weltweites Netzwerk 51 Anlaufstellen vernetzt. „Das Prozedere funktioniert gut“, betont Schubert. Zukünftig wird die Kooperation einfacher: Da sich die Gesetzeslagen in den Ländern unterscheiden, wurde eine „universelle Definition“ für das Verbrechen Kinderpornografie entwickelt.

Auf die Meldestellen in der EU, sagt Schubert, kommen harte Zeiten zu: Die Förderung sei um ein Drittel gekürzt worden. „Es besteht die Gefahr, dass Partner wegbrechen.“ Schubert erinnert daran, dass das Internet nicht Kinderpornografie verursache, sondern sie nur sichtbar mache. „Dagegen zu kämpfen, ist eine gesellschaftliche Aufgabe.“

Die Hinweise sind allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Einschlägiges Material wird überwiegend über gesicherte Foren im Netz vertrieben. Schloßbauer sagt: „Die Chance auf Meldungen ist geringer.“ Denn die User würden „stärker zusammenhalten“.

Dachverband der Internetwirtschaft

Ispa steht für Internet Service Providers Austria und ist die Dachorganisation von 200 Firmen aus der Internetwirtschaft. Gegründet wurde sie 1997 nach einer umstrittenen Beschlagnahmung.

Die Polizei hatte wegen des Verdachts der Kinderpornografie ganze Server abtransportiert. Danach organisierte sich die Internetwirtschaft und startete das Projekt stopline.at, in das auch die Exekutive eingebunden wurde.

stopline.at ist die 1998 gegründete und von den Behörden anerkannte Meldestelle gegen kinderpornografische und nationalsozialistische Web-Inhalte. Melder können anonym sein.

Experten prüfen, ob der Verdacht auf Kinderpornografie oder NS-Wiederbetätigung besteht, informieren Provider, Partner-Meldestellen im Ausland und die Exekutive.

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