Opfer beschwert sich über „langsame“ Klasnic-Kommission

Ministrants attend a Good Friday procession in Lohr, southern Germany, April 2, 2010. REUTERS/Johannes Eisele (GERMANY - Tags: RELIGION)
Nach lebenslangem Leiden will ein Innsbrucker endlich zu seinem Recht kommen.

Die Überwindung war groß. Doch im Herbst 2011 bricht ein Tiroler, der als 12-jähriger Ministrant in einer Pfarre in der Nähe von Innsbruck sexuell missbraucht wurde, sein Schweigen. Der heute 65-Jährige wendet sich zunächst an Bischof Manfred Scheuer, der ihn an die Ombudsstelle vor Ort verweist. „Dort wurde mein Fall ordnungsgemäß aufgenommen und an die Klasnic-Kommission weitergeleitet.“

Das war im November 2011. Die Zeit verging. Ohne Antwort. Bis der Pensionist vor einigen Wochen ein „gesalzenes Schreiben“ an die Kommission sendet, die für die Aufarbeitung kirchlicher Missbrauchsfälle zuständig ist und einen Anruf erhält. Besänftigt hat ihn das nicht. „Ich möchte, dass publik wird, wie sehr Betroffene leiden müssen, weil man dort so langsam arbeitet.“

Fehler eingestanden

Herwig Hösele, der Spreccher der kritisierten Opferschutzanwaltschaft, kann den Unmut nachvollziehen. „Es war sicher ein Fehler, dass wir keine Zwischenmeldung an den Herren gemacht haben. Wir bedauern das sehr.“ Die lange Verfahrensdauer sei auf die Komplexität des Falls zurückzuführen.

Zur Erklärung: Der Innsbrucker wurde nicht etwa von einem Pfarrer sexuell missbraucht, sondern von einem damals 18-jährigen Oberministranten. „Ihm war ich jedoch zu absolutem Gehorsam verpflichtet“, erklärt der Betroffene. „Er hat mich in seine Wohnung gelockt und dort vergewaltigt. Unter der damals erlittenen seelischen Verletzung leide ich bis heute.“

Die Klasnic-Kommission ist laut Hösele zur Überzeugung gekommen, dass es sich hier um ein Abhängigkeitsverhältnis im kirchlichen Umfeld gehandelt hat. Die Causa werde im Laufe des Frühjahrs behandelt. Dann werden rund eineinhalb Jahre seit der Meldung ins Land gezogen sein. „Das ist inzwischen eine unüblich lange Bearbeitungszeit“, so der ehemalige Politiker. „In der ersten Phase der Klasnic-Kommission ist es aber leider immer wieder zu so langen Wartedauern gekommen. Das hatte mit der großen Zahl an Fällen zu tun.“

Die Kommission unter Vorsitz der einstigen steirischen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic nahm im April 2010 ihre Arbeit auf. Insgesamt wandten sich seither rund 1300 Opfer kirchlichen Missbrauchs an die Stelle. „Wir konnten bislang 1032 Fälle behandeln“, so Hösele. Die verbliebenen Fälle seien im Wesentlichen im Vorjahr 2012 eingereicht worden und sollen bis Ende 2013 abgeschlossen sein.

Insgesamt hat die Kommission seit ihrer Gründung 12,2 Millionen Euro an finanziellen und 34.000 Stunden an therapeutischen Hilfestellungen zuerkannt. Auf eine Entschädigung hofft auch der Innsbrucker, der sich an den KURIER gewandt hat. „Die verlorenen Jahre kann mir aber niemand mehr zurückgeben“, macht er klar, dass eine Zahlung nicht viel mehr als eine Geste sein kann.

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