Mazda-Prozess: Sechs Angeklagte vor Gericht

Die sechs Angeklagten am Montag, 17. August 2015, vor Beginn des Prozesses.
Die Beschuldigten gestanden, Scheinrechnungen ausgestellt zu haben, bereichert will sich keiner haben.

Der Prozess gegen sechs Beitragstäter rund um den Fall Mazda Europa ist am Montag in Graz mit Schuldeingeständnissen gestartet. Staatsanwalt Stefan Strahwald führte in seiner Anklage aus, dass die Beschuldigten den 2013 in Köln verurteilten ehemaligen Leiter der PR-Abteilung von Mazda Europa zugearbeitet hatten. Sie sollen sich - entgegen dem Drahtzieher - nicht selbst bereichert haben.

Fünf der sechs Angeklagten sollen dem Ex-Pressesprecher über ihre Unternehmen zwischen 2002 und 2012 Scheinrechnungen ausgestellt haben - etwa über in Wahrheit nicht erstellte Druckwaren - und müssen sich wegen Untreue verantworten.

Luxusimmobilien und Oldtimer

Während die in der Steiermark beschuldigten Verdächtigen von den Geldern "gerade einmal soviel bekamen, um ihre anfallenden Steuern aus den erfundenen Aufträgen zu decken", soll der aus der Steiermark stammende Drahtzieher in Deutschland rund 41 Mio. Euro zum Schaden seines Arbeitgebers in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Damit finanzierte er etwa Luxusimmobilien und eine Oldtimer-Sammlung.

Wie Strahwald in seinem Eröffnungsplädoyer ausführte, dürften die Beschuldigten zu Beginn gar nicht gewusst haben, wohin die Gelder fließen. Sie sollen an eine "Kriegskasse" bei Mazda geglaubt haben, erst später sei ihnen klar geworden, dass sich der Pressesprecher selbst bereichert habe. Da er aber mit drohendem Auftragsverlust Druck auf seine Beitragstäter ausgeübt habe, sei ein "Teufelskreis" entstanden: "Der wesentliche Profiteur war in Deutschland", sagte der Staatsanwalt. Die Verteidiger schlossen sich den Ausführungen von Strahwald großteils an und lobten dessen objektive Anklage.

Aussage des "Befehlsempfängers"

Noch am Vormittag war jener 56-jährige Grazer zu hören, der sich selbst als den österreichischen "Befehlsempfänger" des in Deutschland verurteilten PR-Leiters bezeichnete. Von ihm aus nahm das System mit den Scheinrechnungen gegen 2002 seinen Anfang. Erst machte er dem ehemaligen Mazda-Sprecher und langjährigen Freund nur eine Presseaussendung, es folgte das Angebot für weitere Aufträge.

Mazda-Prozess: Sechs Angeklagte vor Gericht
ABD0005_20150817 - GRAZ - ÖSTERREICH: Die sechs Angeklagten am Montag, 17. August 2015, vor Beginn des Prozesses wegen Untreue mit der Schadenssumme von rund 60 Millionen Euro am Straflandesgericht in Graz. - FOTO: APA/ERWIN SCHERIAU

Gleich beim ersten Treffen in der Mazda-Zentrale in Deutschland soll der frühere Sprecher den Grazer Agenturgeschäftsführer gefragt haben: "Was ist für mich drinnen?", schilderte der Angeklagte. Es sei um Provisionszahlungen gegangen, er wollte zehn Prozent vom Auftragsvolumen. Der 56-Jährige willigte ein, weil er nach dem Tod seiner Frau in familiären und finanziellen Schwierigkeiten war und auf die tatsächlichen Aufträge von Mazda angewiesen gewesen sei.

"Er wollte aber nicht, dass es nach Freunderlwirtschaft aussieht, wenn er immer nur eine österreichische Agentur beauftragt", erklärte der Beschuldigte vor Richter Helmut Wlasak. Daher holte der Grazer weitere befreundete Unternehmer ins Boot, die auch über Niederlassungen in Deutschland verfügten. Die Scheinrechnungssummen stiegen von Mal zu Mal: "Die schlussendliche Größenordnung war nicht absehbar", rechtfertige sich der Geschäftsführer.

"Das ist eine Riesensauerei"

Bereichert habe sich der Grazer nicht, beteuerte er mehrmals. "Aber da sind Sie ja der Gelackmeierte. Was hatten Sie davon?", fragte ihn Wlasak. "Ich hatte meine Aufträge. Hätte ich das nicht mehr gemacht, wäre ich draußen gewesen", sagte der Beschuldigte. "Wenn das ein Freund war, war er ein berechnendes Drecksschwein. Das ist eine Riesensauerei", bemerkte der Richter wörtlich, wunderte sich aber, warum der Angeklagte das zehn Jahre lang mitgemacht hatte: "Ein ganzes System unterstützt einen und keiner von euch hat sich bereichert?" "Irgendwann schaltet ein Verdrängungsmechanismus ein. Außerdem hat die Kreativleistung, die tatsächlich erbracht werden musste, wirklichen Spaß gemacht", antwortete der 56-Jährige.

Kritik übte der Angeklagte an der derzeitigen Form des Motorjournalismus. Wenn die Verlage für die Recheren aufkommen und nicht die Autohersteller die Presse einladen würden, wäre das alles nicht passiert, rechtfertigte sich er sich vor Gericht.

Bei den sechs Beschuldigten - einer von ihnen muss sich "nur" wegen Falschaussage verantworten, weil er einen der anderen gedeckt haben soll - handelt es sich um ehemalige Unternehmer, teils mit Doktor- oder Ingenieurstitel, im Alter von 39 bis 56 Jahren. Fünf der Verdächtigen sollen zusammen Scheinrechnungen über knapp 60 Mio. Euro ausgestellt haben. Der Prozess soll noch mehrere Tage dauern.

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