Jagd: Starker Anstieg von Abschüssen

Zwei Jäger sollen geschützte Greifvögel gewildert haben.
Im Jagdjahr 2012/13 wurden um acht Prozent mehr Tiere erlegt als im Vorjahreszeitraum.

Die Zahl der Abschüsse ist im Jagdjahr 2012/13 stark gestiegen, nämlich mit 889.000 um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das berichtete Statistik Austria am Freitag. Die Stückzahl an Haarwild stieg deutlich an (plus 12,1 Prozent auf 679.000 Stück), während sie bei Federwild zurück ging (minus 3,6 Prozent auf 210.000 Stück).

Insgesamt wurden im abgelaufenen Jagdjahr 416.000 Stück (plus 12,3 Prozent) an Schalenwild erlegt, darunter 282.000 Stück Rehwild (plus 4,4 Prozent), 59.000 Stück Rotwild (plus 20,8 Prozent), 49.700 Stück Schwarzwild (plus 88,5 Prozent) und 20.700 Stück Gamswild (minus drei Prozent). An Niederwild (plus 11,9 Prozent auf 263.000 Stück) blieben unter anderem 126.000 Hasen (plus 4,5 Prozent), 69.900 Füchse (plus 24,4 Prozent), 24.700 Marder (plus 14,5 Prozent) und 17.400 Wiesel (plus 25,3 Prozent) auf der Strecke.

Abschüsse von Federwild rückläufig

Bei der zahlenmäßig bedeutendsten Gruppe des Federwilds, den Fasanen, ergaben 104.000 Abschüsse ein Minus von 6,6 Prozent. Auch Wildenten mit 73.200 Stück (minus ein Prozent), Schnepfen mit 3.100 Stück (minus 2,1 Prozent), Wildgänse mit 2.200 Stück (minus 6,1 Prozent) und Blässhühner mit 877 Stück (minus 17,8 Prozent) wurden weniger geschossen, während die Anzahl der Abschüsse bei Wildtauben auf 17.400 Stück (plus 4,6 Prozent) und Rebhühner auf 7.100 Stück (plus 0,3 Prozent) anstiegen.

Weitere Wildverluste

Neben den Wildabschüssen kommt es auch stets zu Wildverlusten aufgrund des Straßenverkehrs, wegen ungünstiger Witterungsverhältnisse oder Krankheit. Für das Jagdjahr 2012/2013 wurden insgesamt 134.000 solcher Verluste gemeldet, um 2,6 Prozent mehr als zuletzt. Allein dem Straßenverkehr fielen laut Statistik Austria unter anderem 38.700 Stück Rehwild (plus acht Prozent), 24.300 Hasen (minus 1,8 Prozent) und 8.800 Fasane (minus 3,3 Prozent) zum Opfer.

Bundesweit übten 20.100 Jagdschutzorgane, davon 639 Berufsjägerinnen und Berufsjäger (minus 11,5 Prozent) sowie 19.400 sonstige Jagdschutzorgane (minus 0,8 Prozent) ihren Dienst in den Revieren aus. Die Anzahl der insgesamt gültigen Jahresjagdkarten erhöhte sich mit 126.000 Stück (plus 2,7 Prozent) geringfügig. Darüber hinaus wurden 11.900 Jagdgastkarten (plus 0,6 Prozent) ausgegeben.

Habichte krallen sich gerne Fasane, Rebhühner, Enten und Hasen, weswegen sie in der Jägerschaft nicht sehr beliebt sind. So passiert es, dass viele der Greifvögel abgeschossen werden, in Fallen verenden und in manchen Regionen Österreichs auch vergiftet werden, erklärte Helmut Steiner vom Institut für Wildtierforschung und -Management anlässlich einer in Linz stattfindenden Tagung von BirdLife Österreich. Auch Raubtiere wie Luchs oder Adler stoßen zu Unrecht auf wenig Akzeptanz. Oft fehle das nötige Verständnis für komplexe Zusammenhänge zwischen den Tierarten, so der Experte.

Verfolgter Habicht

Wird etwa das Brutrevier eines Habichts durch Abschuss frei, können sich bis zu vier Sperberpaare dort breitmachen. Damit gibt es also noch mehr "Räuber" (Prädatoren), die Jagd auf das Kleinvieh machen. "Der Mensch greift zurzeit schon sehr stark in das Räuber-Beute-Verhältnis ein, aber er versteht das System noch zu wenig", erklärte Steiner. Meist beeinflussen einander nicht nur zwei Arten, sondern es sind oft viele Tierarten voneinander abhängig. Wird der Habicht verfolgt, gibt es nicht auf einmal mehr Fasane und Rebhühner, weil Arten wie der Sperber stark zunehmen, sagte er.

Dabei ist es illegal, Habichte zu schießen oder Fallen aufzustellen, denn sie haben ganzjährig Schonzeit, so Steiner. "Es wird aber nicht wirklich kontrolliert, was da passiert", sagte er. So gäbe es heute um 80 Prozente weniger Habichte als vor zwanzig Jahren.

Auch in Nationalparks und europäischen Natura 2000-Schutzgebieten sollte man stärker auf die Wechselwirkungen zwischen den vielen Arten achten und nicht nur einzelne Tierarten hervorheben. Bei den Felsbrütern würde zum Beispiel das Vorkommen von Adlern die Uhus beeinflussen und diese wiederum die Wanderfalken, erklärte Steiner.

Ausbreitung des Luchses

"Es ist wichtig, dass man den Tieren möglichst große Flächen bietet und weiter über die komplexen Zusammenhänge zwischen den Tierarten forscht, denn davon verstehen wir noch zu wenig", sagte er. So habe man noch nicht "in der ganzen Konsequenz" durchgedacht, was passiert, wenn der Luchs großflächig eingebürgert wird. "Der Luchs ist ein kräftiger Prädator und er kann möglicherweise die Rehbestände kontrollieren", so Steiner. Damit könnte der Wildverbiss vor allem in den Hochlagen verringert werden, was auch für den Lawinenschutz durch Bannwälder vorteilhaft wäre.

"In Finnland wurden durch die landesweite Ausbreitung des Luchses auch die Fuchspopulationen reduziert, und seitdem gibt es dort mehr Kleintiere wie Schneehasen und Raufußhühner", erklärte er. Man müsse die starken "Räuber" wie Adler und Luchse auch in der Kulturlandschaft leben lassen - und zwar nicht nur punktförmig, sondern großflächig, meint Steiner. "Es ist eine unehrliche Kampagne, wenn man sagt, sie haben bei uns keinen Lebensraum mehr", erklärte er.

Doch die Akzeptanz für Luchs und Adler sei gering. "Die jungen Adler, die man für die Forschung mit Satellitensendern versehen hat, wurden alle abgeschossen, keiner von ihnen wurde erwachsen", sagte Steiner. Er plädierte für Bewusstseinsbildung und Aufklärung "bis zu den Hegeringleitern und Ortjägerobmännern" sowie Sanktionen. "Diese Arten vertragen die illegalen Abschüsse nicht. Es kann nicht sein, dass sie jahrzehntelang und in diesem Ausmaß stattfanden und keinerlei rechtlichen Konsequenzen für die Täter hatten", sagte er.

Kommentare