HCB-Dokumente belasten das Land

Das Zementwerk der Firma Wietersdorfer in Klein Sankt Paul.
Bescheide zur Blaukalk-Verbrennung sorgen für Unstimmigkeiten/Umweltgift-Messungen empfohlen.

Wende im Hexachlorbenzol-Umweltskandal im Kärntner Görtschitztal: Recherchen der Umweltorganisation Greenpeace haben ergeben, dass es einen zweiten, bisher unveröffentlichten Bescheid vom Land zur Blaukalk-Verbrennung im Wietersdorfer Zementwerk gibt. Dieser belastet das Land.

Im ersten Bescheid vom 15. Dezember 2010 ist klar definiert, dass der hochgiftige Blaukalk "zwischen Drehrohrofen und Wärmetauscher" einzubringen sei, auch die Temperatur von 850 bis 1100 Grad ist vermerkt. Diese sind erforderlich, um HCB ohne Rückstände zu verbrennen. Ein zweiter (bisher unveröffentlichter) Bescheid vom 20. Dezember 2010 liegt Greenpeace vor und beinhaltet laut Chemiker Herwig Schuster die Formulierung, dass die Kalkschlämme "über das bestehende Dosiersystem" eingebracht werden sollten.

"Dieser Weg führt allerdings über eine 400 Grad warme Zone. Dort verdampft der Blaukalk, ehe er in die heiße Zone gelangen kann", sagt Schuster. "Gerichte werden klären, ob gegen Auflagen verstoßen wurde. Auf jeden Fall wackelt damit die bisherige Argumentation des Landes, wonach das Zementwerk eindeutig rechtswidrig gehandelt habe."

Albert Kreiner, HCB-Krisenkoordinator des Landes, bestätigt die Existenz des zweiten Bescheids. Dieser nehme aber Bezug auf den ersten und sei nur für die Konzessionserteilung relevant. Maßgeblich sei, dass der Blaukalk bei Temperaturen zwischen 850 und 1100 Grad verbrannt werden hätte müssen.

Das Vorhandensein zweier, inhaltlich zusammengehöriger. Bescheide sei für derartige Genehmigungen in ganz Österreich erforderlich, ergänzte Landesamtsdirektor Dieter Platzer.

Laut Greenpeace hätte im Übrigen das Umweltministerium Berufung gegen die Bescheide einlegen können. Diese Behauptung sei falsch, heißt es gegenüber dem KURIER. Erst seit 1. Jänner 2014 bestehe eine Pflicht zur Übermittlung von Bescheiden, gegen die das Ministerium Beschwerde erheben könne.

Studie von 2006

Greenpeace verwies außerdem auf eine Studie, die Friedrich Wurst von der Forschungsgesellschaft Technischer Umweltschutz 2006 im Auftrag des Landes erstellt habe. Darin enthalten sei die Empfehlung, HCB-Abgas-Messungen durchzuführen. "Das wäre Aufgabe des Unternehmens gewesen, nicht des Landes", sagt Kreiner.

Seit 6. Dezember 2014 steht die Produktion in der Molkerei „Sonnenalm“ in Klein St. Paul im Kärntner Görtschitztal nahezu still. Lediglich 200 Liter Ziegenmilch werden täglich verkäst. Sie gelangen jedoch nicht in den Handel. HCB-Spuren in Sonnenalm-Produkten haben Inhaber Hannes Zechner zum Aus gezwungen, es war kein behördlich verordneter Stopp. Jetzt bereitet die Molkerei, die 20 Mitarbeiter beschäftigt, den Neustart vor.

„Wir wollen in Kundengesprächen die Stimmung einfangen und erhalten sehr viele positive Rückmeldungen“, betont Zechner, dessen regionale Molkerei wie auch seine Lieferanten aus dem Görtschitztal als Hauptbetroffene aus dem HCB-Skandal hervorgegangen sind. Einen Termin für den Neustart zu nennen, sei noch verfrüht. Ein „einzigartiges Qualitätssicherungssystem“ sei im Aufbau, das unbedenkliche Werte garantieren soll. Der Name „Sonnenalm“ soll trotz der Negativbehaftung bleiben.
In der Vergangenheit belieferte die Sonnenalm 120 Schulen und Kindergärten mit ihren Produkten. Gespräche zur Wiedereinführung wurden bereits terminisiert.

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