Götterdämmerung im Gelsenreich

Götterdämmerung im Gelsenreich
Exotische Arten drängen zwar die heimischen zurück, doch die Zuzügler stechen auch tagsüber.

Das Match lautet japanischer Buschmoskito gegen gemeine Stechmücke alias Gelse. Der eingeschleppte Plagegeist scheint zu gewinnen: Exotische Arten verdrängen nämlich zusehends die heimische Gelse. Dieser Sieg dürfte für Menschen erst recht schmerzhaft werden: Die Zuzügler sind nämlich auch am Tag aktiv. Ganz im Gegensatz zur Gelse, die meist nur in der Dämmerung durstig wird.

"Eigentlich macht es für den Menschen ja keinen Unterschied, von wem er gestochen wird", sagt der Grazer Hygieniker Franz Reinthaler. "Es juckt in beiden Fällen." Aber die Exoten sind eben reger und damit wohl auch häufiger als Blutsauger unterwegs.

Götterdämmerung im Gelsenreich
Aedes japonicus (also called Ochlerotatus japonicus), This image is a work of the Centers for Disease Control and Prevention, part of the United States Department of Health and Human Services, taken or made as part of an employee's official duties. As a work of the U.S. federal government, the image is in the public domain.
Dabei ist Aedes japonicus alias japanische Buschmücke oder asiatischer Buschmoskito noch gar nicht lange da. Er wurde am 9. August 2011 erstmals in Österreich entdeckt, im Leibnitzer Feld in der Südsteiermark. Seither verbreitet sich die Buschmücke erstaunlich rasant. Es gibt Funde in Graz und im weststeirischen Voitsberg, ebenso im Burgenland und im östlichen Kärnten. "Gelsenforscher berichten von Gegenden in der Südsteiermark, in denen es fast nur noch die Buschmücke gibt", schildert Professor Norbert Nowotny von der Veterinärmedizinischen Uni Wien. Die eingeschleppte Buschmücke ist offensichtlich zäh genug, um das kältere Klima zu überstehen und zu überwintern.

Das ist der asiatischen Tigermücke noch nicht gelungen: Ihre Existenz in Österreich wurde bisher nur im burgenländischen Jennersdorf und im Tiroler Inntal nachgewiesen. Sie landete dort vermutlich auf ziemlich banale Weise im Lkw. Da sie in Italien längst flächendeckend verbreitet ist, stellen Gelsenforscher an Rastplätzen entlang der Transitroute in Tirol Fallen auf, um weitere Tigermücken aufzuspüren.

Die Behörden bereiten sich auf die Neuankömmlinge vor. Das Land Steiermark etwa hat ihnen bereits 2012 ein Kapitel seines Seuchenplanes gewidmet. Da stand schon fest, dass sich der Buschmoskito in der Hälfte der steirischen Bezirke eingenistet hat. "Es ist möglich, dass sie die heimischen Arten verdrängen", meint Landessanitätsdirektor Odo Feenstra. In der Schweiz ist das nachgewiesen: 2012 ergaben Untersuchungen in Zürich, dass bereits 60 Prozent aller Larven jene der Buschmücke waren.

Invasoren

Verdrängung einer angestammten Art durch Invasoren ist im Tierreich aber nichts Unbekanntes: So dominierten bis vor wenigen Jahren noch die schwarz-graue Nacktschnecke in Österreich, jetzt überwiegt die braun-orange Art. "Diese Art ist auch eingeschleppt worden", berichtet Professor Nowotny. "Wenn eine invasive exotische Art in großer Menge kommt, kann sie die einheimische verdrängen." Das sei bei den Mücken nicht anders, wenn sie etwa Brutplätze einnehme.

Götterdämmerung im Gelsenreich
Norbert Nowotny, Vet Med
Ein zusätzliches Gesundheitsrisiko sind die asiatischen Mücken vorerst nicht. Zwar gab es in Österreich bisher vier Fälle des West-Nil-Virus, doch das wird zu 90 Prozent von der heimischen Gelse übertragen. Probleme könnte erst das Auftauchen des Dengue- oder Chikungunya-Fiebers machen, sie werden von der Tigermücke übertragen. Allerdings müsste sie zuvor einen infizierten Menschen gestochen haben. "Und das wäre absoluter Zufall", beruhigt Nowotny.

Kommentare