Forderung: "Flüchtlinge als Küchenhilfen"

Nur ganz wenige wollen in der Gastronomie arbeiten.
Asylberechtigte sollen Personalprobleme in der Gastronomie lösen. Arbeiterkammer NÖ fordert Gesamtstrategie.

"Viele Österreicher sind nicht bereit, am Abend oder Wochenende zu arbeiten. Und schon gar nicht als Küchenhilfe oder Reinigungskraft. Das wäre die Chance, asylberechtigte Flüchtlinge in der Gastronomie unterzubringen und sie vom Mindestsicherungsbezieher zum Beitragszahler zu machen."

Bernhard Ehrlich von der Initiative "10.000 Chancen" glaubt, damit eine nachhaltige Lösung zu haben, wie Wirte und Hotelchefs in Österreich wieder Köche oder Servicekräfte finden können. Seine Kritik, dass das Arbeitsmarktservice (AMS) "leider bremst", weisen die offiziellen Jobvermittler zurück.

Fakt ist, dass bundesweit mehr als 43.500 Personen in der Gastronomie offiziell einen Job suchen, viele Gastwirte und Hoteliers aber verzweifelt auf der Suche nach Personal sind, der KURIER berichtete: Das abgedruckte Schild vor einem Lokal in OÖ hat hohe Wellen geschlagen: "Heute geschlossen – Kein Personal aber 500.000 Arbeitslose. Sorry, Der Wirt!"

Migranten

Forderung: "Flüchtlinge als Küchenhilfen"
Bernhard Ehrlich, Initiative "10.000 Chancen"
Bernhard Ehrlich ist überzeugt, dass seine Lösung die Staatskosten senken und die Integration fordern würde. "Es ist bekannt, dass die Gastronomie in Österreich ohne Migranten nicht mehr existieren würde, weil die Österreicher viele Hilfstätigkeiten oder Putzjobs nicht machen wollen. Damit mehr als 22.000 Asylberechtigte in Österreich nicht länger Mindestsicherung von bis zu 838 Euro monatlich beziehen, wäre es wichtig, sie etwa bei Wirten unterzubringen", meint Ehrlich, der auf weitere Unterstützer für seine Initiative hofft. Er versucht, zu verstehen, warum Österreicher solche Jobs nicht haben wollen: "Sobald sie als Küchenhilfe oder Reinigungskraft tätig werden, sind sie am Arbeitsmarkt stigmatisiert und hätten kaum noch Chancen, eine andere Stelle zu bekommen", glaubt Ehrlich. Daher lässt er das Argument, Flüchtlinge würden Österreichern Arbeitsplätze wegnehmen, nicht gelten.

Dass die Zeit drängt, machen aktuelle Zahlen aus Wien deutlich. Alleine in der Hotellerie würden bis zu 1600 Reinigungskräfte fehlen. "Der Wille des AMS ist jedoch nicht erkennbar, um die Probleme in der Gastronomie lösen zu wollen", sagt Ehrlich, der weiterhin auf eine Zusammenarbeit mit den Jobvermittlern hofft.

"Keine Probleme"

Dass die Vertreter des AMS auf der Bremse stehen, davon könne keine Rede sein: "Die gemeldeten Stellen im Gastgewerbe wurden im Vorjahr in kurzer Zeit besetzt. 77 Prozent der Betriebe haben bereits innerhalb eines Monats ihre Stellen besetzt. Nur bei 0,4 Prozent der Stellen dauerte die Besetzung länger als sechs Monate", sagt AMS-Sprecherin Beate Sprenger. Die überwiegende Mehrheit der Betriebe hätte also kein Problem, geeignete Mitarbeiter zu finden. Dass es Asylberechtigte schwerer als Österreicher hätten, einen Job zu finden, liege an mehreren Gründen: "Oftmals an zu geringen Deutschkenntnissen, an geringer Qualifikation oder an Traumatisierungen."

Während Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer NÖ, auf eine Gesamtstrategie am Arbeitsmarkt hofft, will Mario Pulker, Bundesobmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer, strengere Rahmenbedingungen, damit "Leute wieder arbeitswillig werden. Sonst können wir uns das Sozialsystem nicht mehr lange leisten." Flüchtlinge als Gehilfen in Betrieben aufzunehmen, sei zu begrüßen: "Nur gibt es das Problem, dass viele kein Schweinefleisch oder mit Frauen zusammenarbeiten wollen", sagt Pulker.

"Heute geschlossen – Kein Personal aber 500.000 Arbeitslose. Sorry, Der Wirt!" Es waren nur wenige handgeschriebene Worte, die auf einem Schild vor seinem Restaurant in Feldkirchen (OÖ) vor ein paar Tagen zu lesen waren. Trotzdem war der Frust von Martin Hintringer spürbar. "Ich finde keine Mitarbeiter mehr. Mehr Gehalt ist leider nicht drin, weil der Staat schon so viel nimmt", betont der Gastronom, der dennoch auf baldige Bewerbungen hofft. Damit er sein Lokal nahe eines Golfclubs nicht erneut geschlossen halten muss, bekommt er derzeit personelle Unterstützung von seiner Familie und von Freunden.

Nicht nur Hintringer ist mit den Nerven am Ende, sondern viele Gastwirte und Hoteliers im gesamten Bundesgebiet: "Heuer habe ich schon mehr als 200 Bewerbungsgespräche geführt. Aber keines war bisher erfolgreich", erklärt Eveline Pichler, Chefin des Hotels "Donauhof" in Emmersdorf, Bezirk Krems, die dringend mehrere Bedienstete benötigt. Die Aussagen vieler Jobsuchender seien haarsträubend und bringt sie schon so weit, zu glauben, dass bei vielen der Arbeitswille fehlt: "Einer hat gesagt, er hat kein Geld für den Sprit. Ein weiterer meinte, dass er nur bis 12 Uhr arbeiten will. Eine andere ist nicht zum Gespräch erschienen", ärgert sich Pichler.

Frust der Gäste

Ein Gastronom aus Linz, der seit 25 Jahren Wirt ist, meint zu wissen, warum Arbeitsuchende einen weiten Bogen um die Gastronomie machen wollen: "Die Gäste werden immer unfreundlicher und laden ihren Frust am Kellner ab. Das will keiner ertragen", betont der Wirt und meint, dass die Gastronomie nicht so schlecht zahle. 1640 Euro brutto, Gratis-Konsumation und 100 bis 300 Euro Trinkgeld pro Monat seien ordentlich, heißt es.

Dass laut AMS bundesweit 43.500 Personen in der Gastronomie offiziell einen Job suchen und 4700 Stellen ausgeschrieben sind, lässt Mario Pulker, Bundesobmann der Gastronomie, zu einem Schluss kommen: "Viele Arbeitslose liegen entspannt in der sozialen Hängematte. Es darf nicht sein, dass Leute 60 Euro mehr bekommen, wenn sie nicht arbeiten", kritisiert der Wirte-Vertreter und verlangt umgehend Konsequenzen.

Dass Sanktionen gesetzt werden, wenn fehlender Arbeitswille gemeldet wird, belegen Zahlen des AMS. Im Vorjahr hätten alleine in NÖ fast 3200 Jobsuchende sechs Wochen lang ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld verloren. Die Bezirksbehörden seien gefordert, die Sanktionen im Bedarfsfall zu setzen, erklärt ein Sprecher des Sozialministeriums.

Nur mit fairen Löhnen seien die Probleme zu lösen, meint Markus Wieser, Präsident der nö. Arbeiterkammer. Er fordert 1700 Euro als Untergrenze. Immerhin würden Wirte flexiblere Dienstzeiten, Teildienste, Mehrtätigkeiten und ständige Erreichbarkeit verlangen. Auch Lehrlinge seien deswegen frustriert. "Bis zu 75 Prozent sind nach der Ausbildung nicht mehr im erlernten Beruf tätig", sagt Wieser.

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