Das Netzwerk der Bandidos

Clubhaus der „Legion Torro“ in Salzburg: H. ist eingemietet.
Ein Ex-Hells-Angel mit Kontakten ins EU-Parlament als mutmaßlicher Fädenzieher in Österreich.

Die Aktivitäten der Bandidos in Österreich gehen weiter als bisher gedacht. Vieles scheint auf eine Verlagerung des Rockerkrieges nach Österreich hinzudeuten. Denn der mutmaßliche Mastermind dürfte ein Ex-Mitglied der Hells Angels sein.

Der Salzburger Hannes H. ist zumindest eine schillernde Persönlichkeit. Unter anderem Namen, als Hannes T., startete er vor Jahren ein Tourismusprojekt und knüpfte Kontakte bis ins EU-Parlament. Etwas später gründete er Tabledance-Clubs, unter anderem in einem heimischen Nobel-Skiort. Dieses Lokal wurde nach nur wenigen Monaten insolvent. 2012 gründete H. ein Fitness-Studio in Salzburg und outete sich in Lokalmedien als "Höllenengel". Das schmeckte seine Rockerbrüdern, die gerne abseits des Rampenlichts agieren, so gar nicht. H. wurde für vogelfrei ("out in bad standig") erklärt. Danach dürfte der 30-Jährige Schutz bei den Bandidos gesucht haben. Diese sind derzeit, wie andere Rocker-Gruppierungen auch, in Europa auf Expansionskurs. Vor allem aus der Kampfszene werden derzeit laut deutschen Medien Neulinge rekrutiert. Beliebt sind Migranten, weil diese in ganz Europa vernetzt sind.

Mit einem im Mai eröffneten Vereinshaus in Salzburg wurde der Anker nach Österreich ausgeworfen. Da diese in den Bandido-Clubfarben bemalte Filiale (noch) keinen offiziellen Status in der Gruppierung hat, wurde hier die sogenannte "Legion Torro" gegründet.

Das Vereinslokal und eine Wohnung im oberen Stock hat Hannes H. angemietet. Seit Wochen gehen dort deutsche und italienische Bandidos sowie Mixed-Martial-Arts-Kämpfer ein und aus. Das bestätigt die Polizei. "Uns ist bekannt, dass sich Personen, die sich offenbar der Gruppierung Bandidos zuordnen, in den Klubräumen im oberen Stock des Gebäudes aufhalten", sagt Polizeisprecherin Irene Stauffer. Ein großes Geheimnis machten sie nicht daraus, merkt sie in Hinblick auf die rot-goldene Fassade an. "Es gibt aber keine Hinweise auf strafbare Handlungen."

Zündstoff dürfte die große "Goldfighter MMA Fight Night" im Dezember in Salzburg vor kolportierten 6000 Zuschauern bieten. Die Goldfighter GmbH ist als Eventagentur und Shop für Kampfsportartikel im Erdgeschoß des Vereinshauses in Salzburg untergebracht. Wer die Goldfighter mit den Bandidos in Verbindung bringt, dem werden Klagen angedroht. Pikanterweise tritt als Projektleiter der "Fight Night" aber ausgerechnet Hannes H. auf. In der Rotlichtszene heißt es auch, dass H. derzeit Räumlichkeiten für einen neuen Tabledance-Club sucht. Als Geschäftsführerin des geplanten "Lollipop Clubs" wird die selbe Frau genannt, die das Goldfighter-Geschäft führt. Dass dieses so gar nichts mit Bandidos zu tun haben will, ist interessant: In den Regalen des Geschäftes steht das Buch "Ziemlich böse Freunde" – die Entstehungsgeschichte der Bandidos. Derzeit werden auch zwei Goldfighter-Zweigstellen in Kiel und Berlin angekündigt, rein "zufällig" zwei Hotspots im deutschen Rockerkrieg.

Hannes H. droht noch weiterer Ungemach. Gegen ihn läuft laut Staatsanwaltschaft Salzburg ein Verfahren wegen Betrugsverdachts.

Die Rockerbanden sind in Europa auf Expansionskurs. Rekrutiert werden von Hooligans über Kampfsportler bis (ehemalige) Neo-Nazis jeder, der nur irgendwie Interesse hat. Ein Motorrad ist oft gar nicht mehr notwendig. Etwa ein neues Charter oder Chapter – so heißen die Filialen – wird derzeit im deutschsprachigen Raum pro Woche gegründet. Besonders beliebt sind Migranten, da sie in ganz Europa untereinander vernetzt sind.

Selbst in Rockerkreisen ist diese Strategie umstritten und wird intern seit Jahren heftig diskutiert, denn die neuen Mitglieder halten sich nicht unbedingt immer so genau an den Kodex der Bruderschaft. Der eigene Cousin zählt, wenn es brenzlig wird, eben meist mehr als die Rocker-Kumpanen.

In einigen deutschen Bundesländern sind die Rocker zuletzt stark unter Druck der Behörden geraten, sogar ihre Kutten sind teilweise verboten worden. Deshalb wird in alle Himmelsrichtungen expandiert. Allein in Osteuropa sind in fünf Jahren über 220 neue Filialen entstanden. In Europa gibt es deshalb mittlerweile bereits mehr Rocker als in den USA. Die Europol sieht die Rockergruppen mittlerweile sogar als „Bedrohung der nationalen Sicherheit“.
In Österreich sind der Verfassungsschutz und das Büro für Organisierte Kriminalität im Bundeskriminalamt mit den Rockern beschäftigt.

Die Bandidos sind ein Motorradclub, gegründet 1966 in Texas (USA) durch Veteranen des Vietnamkriegs. Auf ihrem Club-Aufnäher ist ein mexikanischer Bandit abgebildet. Die Farben Rot und Gold sollen auf die US-Marines hinweisen. Der Club begann bereits 1989 nach Europa zu expandieren. Die Nähe der Bandidos zur organisierten Kriminalität wird in vielen Ländern angenommen. Österreich gilt als Territorium der Hells Angels. Für die Bandidos ist das Land aber der „Missing Link“ zwischen Deutschland und Italien. Mit den „Höllenengeln“ besteht seit vielen Jahren eine Rivalität, die schon in blutigen Kämpfen gipfelte.

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