250.000 Euro für ein Missbrauchsopfer

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Das Vorarlberger Kloster Mehrerau stimmte einem außergerichtlichen Vergleich zu.

Zwischen 5000 und 25.000 Euro gesteht die katholische Kirche jenen Betroffenen zu, die in ihren Einrichtungen körperlicher und sexueller Gewalt ausgesetzt waren.

Nun traf das Zisterzienser-Kloster Mehrerau in Bregenz eine möglicherweise richtungsweisende Entscheidung: Einem ehemaligen Internatsschüler des Stiftsgymnasiums, den ein Pater Anfang der 1980er-Jahre mehrfach vergewaltigt hatte, sollen außergerichtlich 250.000 Euro zugestanden worden sein. Kloster und Anwalt des Opfers haben über die Entschädigungssumme eine Schweigeklausel vereinbart.

Mit der Rekordsumme an die Öffentlichkeit ging die Plattform Betroffener kirchlicher Gewalt, die den Mann bei seiner Klage finanziell unterstützte. „Natürlich war es der Wunsch des Klosters, dass die Summe geheim bleibt“, erklärte Sepp Rothwangl, Sprecher der Plattform, dem KURIER. „Wir finden es aber eine extrem wichtige Information für alle Opfer von Gewalt, wie viel die Kirche zu zahlen bereit ist, wenn man klagt. Das ist das Zehnfache von den Almosen, die man von der Klasnic-Kommission erhält.“ Laut Rothwangl werde der Prozessausgang Schule machen. „Weniger Fälle als bisher angenommen sind verjährt.“

Das 47-jährige Opfer berichtete von vielfachen Vergewaltigungen durch Pater Johannes. Erschütternd ist die Gleichgültigkeit, mit der das Kloster den amtsbekannten pädokriminellen Pater auf Kinder losgelassen hat. Bereits 1968 war Pater Johannes wegen sexuellen Missbrauchs zweier Buben zu vier Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der damalige Abt suspendierte ihn für einen Monat von kirchlichen Tätigkeiten.

Sexuelle Übergriffe

Dann durfte der Mann seinen Dienst im Stiftsgymnasium – als Lehrer, Erzieher und Regens – wieder aufnehmen. Wie Pater Johannes später gestand, hat er bis zu seiner Absetzung weitere „fünf bis zehn“ Internatsschüler sexuell missbraucht. Im Jahr 1982 meldeten Eltern dem Kloster sexuelle Übergriffe durch den Pater. Der wurde jedoch nicht angezeigt, sondern in die Pfarre Sauters in Tirol versetzt.

Erst im Jahr 2004 drohte dem Vergewaltiger Ungemach. Ehemalige Internatsschüler zeigten ihn wegen sexueller Übergriffe an. Pater Johannes legte damals ein Geständnis ab (siehe Faksimile des Vernehmungsprotokolls). Da die Taten bereits strafrechtlich verjährt waren, wurde das Verfahren eingestellt.

Im Vorjahr wagten zwei Opfer einen erneuten Anlauf und klagten das Kloster zivilrechtlich auf Schadenersatz und Verdienstentgang. Sowohl das Landesgericht Feldkirch als auch das Oberlandesgericht Innsbruck lehnten die vom Kloster vorgebrachte Einrede der Verjährung ab. Mit einem Opfer, einem 59-Jährigen, hat sich die Abtei im April 2013 verglichen – als Summe werden 50.000 bis 70.000 Euro genannt.

Der zweite Fall endete nun ebenfalls mit einem außergerichtlichen Vergleich. Die kolportierte Summe von 250.000 Euro ist höher als jede gerichtlich verfügte Schadenersatzzahlung, die bisher in Österreich ausbezahlt wurde.

In den USA greift die katholische Kirche weit tiefer in ihr Erspartes: Alleine in Los Angeles wurden 508 Missbrauchsopfern 660 Millionen Dollar (491 Millionen Euro), knapp 1,3 Millionen Dollar pro Kopf, ausbezahlt.

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