Opfer klagt die Kirche auf 200.000 Euro

Opfer klagt die Kirche auf 200.000 Euro
Trotz einschlägiger Vorstrafe betreute ein Pater im Zisterzienser-Kloster Mehrerau weiterhin junge Männer. Er vergewaltigte weiter.

Erstmals verklagt ein Missbrauchsopfer nicht den pädophilen Pfarrer, sondern den Orden, wo der Geistliche als Biologielehrer und Jugendbetreuer tätig war. Pater Johannes B. soll den Kläger ab dem Jahr 1968 über drei Jahre lang kontinuierlich vergewaltigt haben.

Konkret handelt es sich um das Zisterzienser-Kloster Mehrerau in Vorarlberg. Die Klagssumme beläuft sich auf 200.000 Euro plus vier Prozent Zinsen. Die Anklageschrift liegt dem KURIER vor. Pater B., Jahrgang 1936 – er ist mittlerweile pensioniert – war 1968 bereits einschlägig vorbestraft. Trotzdem durfte er im Zisterzienser Kloster Kinder unterrichten und betreuen. "Die Verantwortlichen haben aber bis heute keine Anzeige gegen den Priester eingebracht. Die Plattform Betroffener Kirchlicher Gewalt hat das hiermit nachgeholt", bestätigt Sprecher Sepp Rothwangl.

Vergewaltigungen in Serie

Opfer klagt die Kirche auf 200.000 Euro

Am 3. Dezember 2004 bestätigte sich bei einer Einvernahme auf der Kriminalabteilung Bregenz, in welchem Ausmaß der pädophile Geistliche aktiv war. Damals zeigten ihn vier Internatszöglinge des Klosters an. B. hätte die vier Jugendlichen im Alter von 13 bis 15 Jahren über Jahre sexuell missbraucht. Bei der damaligen Einvernahme durch Kripobeamte legte der Gottesmann sogar ein Geständnis ab. Zitat: Besonders 13- bis 14-jährige Knaben erregten mein sexuelles Interesse (weitere Details siehe Faksimile).

Diese Serienvergewaltigungen waren zum Zeitpunkt der Anzeige aber bereits verjährt. Denn die schrecklichen Übergriffe fanden zwischen 1968 und 1982 statt. Laut Aussagen der Opfer galt der pädophile Priester als „äußerst aggressiv und brutal“. Mittels Fausthieben und Stockschlägen brachte er seine Opfer – die ihn erst Jahre später anzeigten – zum Schweigen.

Versetzung als einzige Konsequenz

Trotz des Geständnisses blieb Pater B. im Kirchendienst tätig. Die Reaktion der Kirchenoberhäupter zeigte die damals gängige Praxis. B. wurde kurzerhand von Vorarlberg nach Tirol versetzt. In der Gemeinde Sautens im Ötztal wurde er als Landpfarrer eingesetzt. Auch dort war er mit Jugendlichen in Kontakt.

Jetzt versucht die Plattform Betroffene Kirchlicher Gewalt ihm weitere Übergriffe nachzuweisen. Sepp Rothwangl erklärt die Strategie: "Kann man dem Mann Straftaten nachweisen, die nicht verjährt sind, müssen alle verjährten Verbrechen neu aufgerollt werden." Rothwangl fordert weiters die kirchlichen Ombudsstellen sowie die Klasnic-Kommission auf, alle Unterlagen betreffend Gewaltexzesse und sexuellen Missbrauch in der Kirche öffentlich zu machen: "Solange diese Protokolle unter Verschluss gehalten werden, können Verjährungsfristen nicht aufgebrochen werden."

Am Donnerstag forderte auch der ehemalige Leiter der Missbrauchs-Ombudsstelle Helmut Schüller ein Ende der Verjährung: "Ich habe selbst erlebt, wie lange es dauert, bis Opfer über Missbrauch sprechen können."

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