"Wir sind Politik- und Partymacher"

„Wenn wir etwas verboten haben, dann ist es halt auch strafbar“: Helena Kirchmayr ist gegen eine Cannabis-Legalisierung.
Die Junge ÖVP sei nicht brav, sondern geschickt beim Verhandeln, sagt die Landesobfrau Helena Kirchmayr.

Helena Kirchmayr (32), geboren in Pucking, ist Landesobfrau und stv. Bundesobfrau der Jungen ÖVP. Seit 2010 ist die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin, Landtagsabgeordnete, seit 2014 Stellvertreterin von Josef Pühringer an der Spitze der OÖVP.

KURIER: Zuletzt ist die JVP durch einen Besuch in einem griechischen Restaurant aufgefallen. Auf Facebook wurde die Rechnung gepostet. Dazu der Text: "Einige von uns waren heute ausgezeichnet griechisch essen. Für uns ist es aber üblich, dass man offene Rechnungen sofort begleicht." Ist das auf Ihrem Mist gewachsen?

Helena Kirchmayr: Als Landesobfrau übernehme ich die Verantwortung dafür. Wir haben uns schon etwas gedacht dabei, auch wenn das manche in den falschen Hals bekommen haben. Ziel war es, einfach zu sagen, dass die griechische Politik aufgefordert ist, die offenen Rechnungen zu bezahlen.

Waren Sie überrascht über die Kritik, über den Shitstorm in den sozialen Medien?
Ja, schon.

Eine Jugendorganisation sollte auch frech sein dürfen.

Der Meinung bin ich auch. Wir können uns nicht immer irgendwo verstecken.

Hat die Aktion der JVP geschadet?

Aus meiner Sicht gar nicht.

Die Jungen Grünen und die Sozialistische Jugend (SJ) geben den Altvorderen in ihren Parteien regelmäßig Gas. Die JVP hält sich mit öffentlicher Kritik vornehm zurück. Ist die schwarze Jugendorganisation nicht ein bisschen brav?

Nein, ganz sicher nicht. Wir sind eine sehr große Jugendorganisation. Wenn wir etwas fordern, verhandeln wir die Dinge auch wirklich aus. Da brauche ich nicht in die Öffentlichkeit gehen und sagen, der oder die ist böse. Die Dinge, die wir versucht haben umzusetzen, sind uns auch gelungen. Zum Beispiel das Jugendticket, mit dem man um 60 Euro pro Jahr mit allen Öffis in ganz Oberösterreich fahren kann.

Der Bundeschef der Jungen ÖVP, Sebastian Kurz, ist international geachteter Außenminister. Ist das nicht ein Hemmschuh, innerhalb der Partei kontroversielle Themen zu setzen?

Ich sehe das anders. Wenn man einen JVP-Bundesobmann hat, der Regierungsmitglied ist, der total gut ankommt, dann ist das ein absoluter Vorteil.

Jugendforscher sagen, dass die Jungen von heute sehr brav und pragmatisch sind. Für Politik interessieren sich relativ wenige. Gibt es in der JVP einen Mitgliederschwund?

Nein, die Mitgliederzahl ist sehr konstant. Wir haben im Schnitt 1000 Neumitglieder im Jahr. Mit 17.000 Mitgliedern sind wir die größte Landesorganisation. Das zeigt, dass das, was mir machen, auch honoriert wird.

Wofür steht die JVP?

Wir sind Politikmacher und auch Partymacher.

Was zeichnet das typische JVP-Mitglied aus? Manche sagen ja, das ist nur ein Kaffeekränzchen von reichen Bürgerkindern.

Echt? Das ist aber eine bodenlose Frechheit, wenn das jemand sagt. Ich komme zum Beispiel von einem Bauernhof. Wir haben sehr bodenständige junge Leute dabei, die Zeit nach der Arbeit, nach der Schule, neben der Familie investieren. Unsere Ortsgruppen machen sehr viel im Sport-, Politik- und Festbereich, die engagieren sich auch für andere. Das zeichnet einen JVPler aus.

Waren Sie jemals eine Revoluzzerin?

Wenn man unter Revoluzzer versteht, dass man sagt, was man sich denkt und auch darauf beharrt, dann ja. Aber ich bin keine, die sich öffentlich den Schädel einschlägt. Ich rede mir die Dinge lieber aus.

Wie läuft der Landtagswahlkampf?

Die Umfragen sind nicht so gut für uns. Das hat sich der Herr Landeshauptmann nicht verdient. Seine sehr gute Bilanz wird derzeit nicht honoriert.

Neos macht einen sehr aggressiven Wahlkampf. Darauf ist die ÖVP nicht wirklich gefasst.

Neos haben bisher nichts gebracht, was mich vom Sessel haut. Vom frischen Wind ist nichts zu spüren, das ist eher ein laues Lüftchen.

Dennoch spricht Neos offenbar gerade die Jungen an.

Für manchen mögen sie attraktiv sein. Wenn man aber mit sachlichen Argumenten kommt, ist nicht viel dahinter.

Welche Themen sind der JVP im Landtagswahlkampf ein Anliegen?

Zum Beispiel ein schnelles Internet in ganz Oberösterreich. Da gibt es immer noch Regionen, wo eine schnelle Verbindung de facto nicht vorhanden ist. Wenn man schon über Internationalisierung und Globalisierung redet, dann muss das ausgebaut werden.

Ein wichtiger Punkt ist auch das junge Wohnen. Da geht es nicht nur um Starter- Wohnungen, sondern auch um eine Entlastung für junge Familien, etwa durch einen Wegfall der Kosten für die Grundbucheintragung.

Wohnen ist in den vergangenen Jahren empfindlich teuer geworden. Die Nachfrage übersteigt das Angebot. Warum bringt die Politik da nichts weiter?

Das ist eine große Herausforderung. Aber es gibt viele gute Projekte wie zum Beispiel in Pregarten, wo man jetzt junges Wohnen ermöglicht hat. Je nachdem, wie der Bedarf ist, sollten bei Wohnprojekten auch Wohnungen für Junge eingeplant werden. Oder es gibt zeitlich begrenzte Mietverträge, wo junge Leute weniger zahlen.

Für Junge ist es schwierig, sich etwas aufzubauen, weil sie am Anfang der beruflichen Laufbahn wenig verdienen. Ist die Lebensverdienstkurve, also wenig am Anfang und das meiste vor der Pension, zeitgemäß?

Ich bin für eine Abflachung. Auch die Lehrlinge sollten mehr bekommen. Es gibt Lehrberufe, wo manche unter 500 Euro im ersten Jahr bekommen. Das geht sich für viele finanziell nicht aus.

Die Jungen Grünen und die SJ machen sich für eine Legalisierung von Cannabis stark. Was halten Sie davon?

Da bin ich dagegen.

Warum?

Wenn eine Droge legal ist, ist sie überall verfügbar, jeder kann damit Werbung machen. Man sollte nicht etwas schmackhaft machen, das aus medizinischer Sicht schädlich ist.

Die Befürworter sagen, dass bei einer Legalisierung der Konsum zurückgeht und dass man dadurch eine Entkriminalisierung schafft.

Wenn wir etwas verboten haben, dann ist es halt auch strafbar. Cannabis sollte weiter verboten sein.

Aber Alkohol darf schon sein?

Das, was derzeit legal ist, da bin ich die Letzte, die sagt, das gehört verboten. Es ist schon jeder für sich selbst verantwortlich.

Mit dem Argument der Eigenverantwortung könnte man auch Cannabis legalisieren.

Ich glaube trotzdem, dass Cannabis eine gefährliche Droge ist.

Soll die ÖVP nach der Landtagswahl wieder mit den Grünen zusammenarbeiten?

Es hat mit den Grünen recht gut funktioniert. Aber man sollte mit allen reden.

Auch mit der FPÖ?

Auch mit der FPÖ.

Fiona Kaiser von der SJ sagt, dass die große Koalition auf Bundesebene der SPÖ schadet. Schadet sie auch der ÖVP?

Das ist ja lustig, die SPÖ hat sich das selbst ausgesucht. Ich denke, dass sich die Koalition momentan wieder erfangen hat.

Wäre Schwarz-Blau nicht die bessere Alternative?

Ich bin schon auch dafür, dass man einmal eine Oppositionspartei in die Pflicht nimmt. Dann würde etwa die FPÖ sehen, dass auf einmal nicht mehr alles so einfach ist.

Wo sehen Sie sich in zehn Jahren?

Ich liebe solche Fragen. Ich arbeite auch an der Uni im Bereich internationale Beziehungen, das möchte ich beibehalten. Was die Zukunft bringt, kann ich noch nicht sagen. Die Arbeit in der JVP gefällt mir sehr.

Ist eine Position in der JVP nützlicher als eine CV-Mitgliedschaft für eine Karriere in der ÖVP?

Ich bin eine Frau, keine Ahnung.

Viele JVP-Landesobleute haben richtig Karriere gemacht, zum Beispiel Landeshauptmann Josef Pühringer.

Ich glaube, er wäre am liebsten immer noch JVP-Landesobmann. Wenn er bei unseren Veranstaltungen ist, merkt man, wie sehr ihm das gefällt.

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