Überfallopfer: "Ich hab’ geglaubt, die Typen bringen mich um"

Alois H. vor dem Tresor, auf den es die vier Maskierten abgesehen hatten: „Die Drohung mit dem Messer nehme ich ihnen am meisten übel“
Ehepaar wurde von Räubern überfallen und verletzt. Doch auf psychologische Hilfe verzichteten sie.

Am 26. Februar legte sich Alois H. nach dem Frühstück auf das Sofa seiner Bauernstube in Rutzenham (OÖ) und las gemütlich die Zeitung. Um 8.05 Uhr hörte er, wie die Zimmertür geöffnet wurde. "Ich hab’ die Zeitung hochgehoben und gesehen, dass mehrere Typen mit schwarzen Sturmhauben und Handschuhen hereinkommen." Einer sei auch sofort auf ihn losgestürmt. "Er ist auf mich draufgesprungen und hat mir Hände und Füße mit einem Klebeband gefesselt", erzählt der 74-Jährige.

Der Fremde habe ihm einen Polster auf das Gesicht gedrückt: "Ich hab’ keine Luft mehr gekriegt und geglaubt, ich muss ersticken."

Der Räuber habe mit ausländischem Akzent Geld gefordert. "Er ist mit einem Messer über mein Gesicht gefahren und hat mich mit der Klinge aufgekratzt. Und er hat gedeutet, dass er mir die Gurgel aufschneidet, wenn er nichts kriegt." Viel Zeit nachzudenken, hatte Alois H. nicht.

Tot gestellt

Ehefrau Stefanie ahnte nichts von der Gefahr, als sie kurz darauf zur Tür hereinkam. Sie wurde ebenfalls niedergerungen, gefesselt und geknebelt. Die 64-Jährige blutete stark aus der Nase. "Ich hab’ nur ihre Füße gesehen, sie hat sich nicht mehr gerührt– später hab’ ich erfahren, dass sie sich tot gestellt hat", sagt H.

Die Räuber trugen das gefesselte und geknebelte Paar in einen Abstellraum. "Mich haben sie in ein Schaffel reingesetzt, aus dem ich nur schwer wieder rausgekommen bin." Zuvor rissen sie H. den Tresorschlüssel herunter, den er immer um den Hals trug. "Die haben genau gewusst, was sie wollen." Mit der Drohung, beide zu erschießen, falls sie versuchen, sich zu befreien, wurden sie zurückgelassen.

"Sie haben Möbel vor die Tür gerückt. Als ich dann länger nichts hörte, hab’ ich mich befreit und geschaut, dass die Tür aufspringt." Von den Maskierten war nichts mehr zu sehen. Der Tresor stand offen und der Waffenschrank war aufgebrochen. "Außer Geld haben sie einen Offiziersdegen und ein Bajonett aus dem 1. Weltkrieg mitgenommen." Stefanie H. musste mit blauem Arm und geschwollener Nase ins Spital.

Ins Wirtshaus

Alois H. erlitt eine Verletzung an der Schläfe und ein Zahn war kaputt. Psychologische Hilfe nahm er nicht in Anspruch: "Das brauch’ ich nicht – ich bin sogar noch am selben Tag ins Wirtshaus."

Diese Reaktion ist für Udo Jesionek, Präsident der Opferhilfeorganisation Weißer Ring, nicht ungewöhnlich. "Es gibt mehr als 100.000 Verbrechensopfer jährlich. Nur 4000 wenden sich an uns, leider nehmen nicht alle psychologische Hilfe in Anspruch, obwohl sie das brauchen würden." In Österreich gebe es davor eine Hemmschwelle. Doch Trauma und Schock seien für Opfer völlig normal. Jesionek: "Ich rate allen, das Erlebte aufzuarbeiten – denn irgendwann bricht das sonst auf."

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