Spielsucht: Haft für Polizisten

Anwalt Schwarzmayr-Lindinger (li.) mit dem verurteilten Polizisten
48-Jähriger hatte jahrelang Strafgelder in eigene Tasche kassiert / 84.000 Euro Schaden.

Wie ein Häufchen Elend sitzt der suspendierte Polizist Peter M. am Montag vor dem Schöffensenat im Landesgericht Wels. Vom einst Respekt einflößenden Exekutivbeamten ist nichts mehr übrig. Immer wieder beginnt M. zu schluchzen. Einmal so heftig, dass Richter Hans-Jörg Reichl die Verhandlung zehn Minuten unterbrechen muss.

Insgesamt 521-mal soll der 48-jährige Gruppeninspektor zwischen Jänner 2008 und November 2012 in seiner Dienstzeit die Republik geschädigt haben. Er fälschte Organstrafzettel und unterschlug Sicherheitsleistungen, die er vor allem von ausländischen Lkw-Lenkern einhob. Bei den Organstrafverfügungen kassierte er von Verkehrssündern mehr Geld, als er auf den Durchschlägen vermerkte. Er legte ein Stück Karton zwischen das Original und den Durchschlag und trug später einen viel geringeren Betrag ein. Geschätzter Schaden: 84.250 Euro.

Vor dem Schöffensenat muss M. sich wegen "qualifizierten Amtsmissbrauchs" (Strafdrohung bis zu zehn Jahre Haft) verantworten. "Es handelt sich zwar nur um ein einziges Verbrechen. Erschwerend ist jedoch, dass dieses aus 521 Angriffen bestanden hat", betont Staatsanwalt Günther Diplinger. Auch der lange Tatzeitraum komme verschärfend hinzu.

Sportwetten

"Ich war spielsüchtig", erklärt der Angeklagte das Motiv für seine kriminellen Taten. Er habe täglich – manchmal auch zwei Mal am Tag – bei einem Automaten einer Tankstelle in Grieskirchen Sportwetten abgeschlossen – und dabei nahezu immer verloren. "Es hat sogar ein Jahr gegeben, an dem ich überhaupt nichts gewonnen hab." Pro Wette setzte M. zwischen 100 und 200 Euro ein. Seine finanzielle Situation wurde von Mal zu Mal prekärer.

Nachdem er eine Lebensversicherung aufgelöst, sich Geld vom Bruder geborgt und die Spareinlagen seiner Kinder verbraucht hatte, kam er auf die fatale Idee mit den gefälschten Strafzetteln. Die Manipulationen fielen niemandem auf. Als M. für Schwerverkehrskontrollen eingeteilt wurde, steckte er auch die einkassierten Sicherheitsleistungen der Lkw-Fahrer in die eigene Tasche. Das wurde ihm schließlich zum Verhängnis. Als eine Spedition im November 2012 deswegen nachfragte, flog der Betrug auf. M. wurde sofort vom Dienst suspendiert.

"Die Vorgangsweise war dilettantisch – und die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, relativ hoch. Der Spielsüchtige denkt aber nicht viel nach", erklärt Verteidiger Georg Schwarzmayr-Lindinger. Sein Mandant sei jedoch krankheitseinsichtig und absolviere eine Therapie. Außerdem habe er bereits 84.000 Euro Sicherheitsleistung bei Gericht hinterlegt. "Ich glaube, dass man in seinem Fall die Strafe zur Gänze bedingt nachsehen kann."

Der Schöffensenat ist allerdings anderer Ansicht: 24 Monate Haft, acht davon unbedingt. M. legt sofort Berufung ein. Nicht rechtskräftig.

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