Prozess um Massaker mit 16 toten Serben

Die Linzer Anwälte Viktor Beer und Jürgen Nowotny wollen nachweisen, dass ihr Mandant mit den Verbrechen nichts zu tun hatte
48-jähriger Ex-Bosnier wegen 16-fachen Mordes in Linz vor Gericht

Welche Rolle hat Nermin M. bei einem Massaker während des Jugoslawienkrieges in einem von Serben bewohnten Dorf in der Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina gespielt? "Er war nicht vor Ort", sagen seine Linzer Anwälte Jürgen Nowotny und Viktor Beer. Ihr Mandant habe sich zu dem Zeitpunkt im Lazarett einer Nachbargemeinde aufgehalten. Allerdings gibt es zwei Augenzeuginnen, die das Gegenteil behaupten.

Diese Frage wird ab 9. Dezember bei einem Monsterprozess im Landesgericht Linz im Mittelpunkt stehen. Mindestens 30 Verhandlungstage sind dafür veranschlagt. Der 48-jährige Ex-Bosnier M. muss sich wegen 16-fachen Mordes verantworten – er bestreitet alle Vorwürfe. Mehr als 30 Zeugen sollen dem Gericht bei der Aufklärung helfen.

Am 17. September 1992 hatten etwa 20 bis 30 Mitglieder einer von muslimischen Bosniaken gebildeten Territorialeinheit in der Ortschaft Serdari Rache geübt. Bei dem Überfall handelte es sich um Vergeltungsmaßnahmen für vorangegangene Gemetzel durch die serbische Armee an muslimischen Zivilisten in den Ortschaften Vecici, Cirkino brdo und Hanifici.

Tote Zivilisten

Im Zuge des Infanterieangriffs, der in den frühen Morgenstunden erfolgt war, wurden Häuser massiv unter Beschuss genommen. Anschließend stürmten die Angreifer in die Gebäude, in denen sie sowohl mehrere bewaffnete Verteidiger als auch unbewaffnete Zivilisten getötet haben sollen. Die Häuser, Ställe und Garagen wurden nach Waffen und Munition durchsucht und in Brand gesetzt. Insgesamt 16 Bewohner und ein Angreifer kamen bei den Kämpfen ums Leben.

Kein Motiv

M., der 1993 nach Österreich geflüchtet war und seit 2005 auch österreichischer Staatsbürger ist, wurde 2014 von den beiden Augenzeuginnen während eines Kriegsverbrecher-Prozesses in Sarajewo als Mittäter genannt. Die Frauen – eine von ihnen besuchte mit M. angeblich die Volksschule – machten allerdings sehr unterschiedliche Beobachtungen. "Eine will ihn in schwarzer Uniform und mit Schirmkappe, die andere will ihn in zivil gesehen haben", erklärt Nowotny.

Der Überfall fand gegen 5.30 Uhr Früh statt, die Lichtverhältnisse dürften daher auch nicht optimal gewesen sein. "Dazu kommt, dass eine der Zeuginnen bei dem Angriff ihren Ehemann und die andere ihre Mutter verloren hat. Entsprechend emotional aufgewühlt waren sie."

M., der in Österreich als Baggerfahrer arbeitet, wurde 2011 aufgrund der Vorwürfe 34 Tage lang in Untersuchungshaft genommen. Das Oberlandesgericht Linz sah aber keinen dringenden Tatverdacht – er wurde enthaftet. Nowotny: "Mein Mandant hatte gar kein Motiv, an einer Racheaktion teilzunehmen – bei den Angriffen durch die serbische Armee ist kein Mitglied seiner Familie getötet worden."

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