Das weiße Taxi war das Todesurteil

Das weiße Taxi war das Todesurteil
Verdächtiger legte Geständnis ab, er will sein Opfer wegen des "schönen Wagens" ausgewählt haben.

Erwin K. hielt sich am Donnerstagabend in seinem Hotelzimmer in Wels auf, als Polizisten kurz vor 19 Uhr hinein gestürmt kamen und ihn festnahmen. Einer Rezeptionistin des Innenstadthotels Greif war sein Name aufgefallen, sie hatte die Exekutive alarmiert. Der als "sehr gefährlich" geltende 46-Jährige leistete keinen Widerstand. "Er hat sogar den Eindruck vermittelt, als ob er erleichtert sei", sagt Gottfried Mitterlehner, Leiter des Landeskriminalamts Oberösterreich.

Der in Zusammenhang mit der ermordeten Taxilenkerin Ingrid V., 57, europaweit gesuchte Mann wurde sofort nach Linz gebracht und bis kurz nach Mitternacht von Polizei und Staatsanwaltschaft einvernommen. "Er hat sich dabei umfassend geständig gezeigt", sagt Mitterlehner. Das angebliche Tatmotiv: ein geplanter Raubmord.Schönstes Auto gewählt"Ihm war klar, dass er das Opfer töten muss, damit er nicht erkannt werden kann", sagt Christian Hubmer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Wels.Das hat auch mit K.s Vergangenheit zu tun. Der 46-Jährige ist einschlägig vorbestraft und hat mehr als 20 Jahre hinter Gittern verbracht.Dass ihm ausgerechnet Ingrid V. in die Hände gefallen ist, soll ein Zufall gewesen sein. Hubmer: "Er behauptet, nicht konkret nach einer Frau gesucht zu haben, er will seine Auswahl nur nach dem Fahrzeug getroffen haben." Die körperliche Konstitution soll keine Rolle gespielt haben. Das weiße Mercedes-Taxi, das von der 57-Jährigen gelenkt wurde, dürfte es K. angetan haben. "Er bezeichnet sich als Autonarr, es war angeblich das schönste Modell, das an diesem Abend am Linzer Hauptbahnhof geparkt war", erklärt Mitterlehner.

K. stieg zu V. in den Wagen und ließ sich von ihr zum Parkplatz eines Garten-Centers nach Gunskirchen bringen. Dort soll er sie mit einem Klappmesser erstochen haben. Wie viel Bargeld er bei der Tat erbeutet hat, lassen die Ermittler offen. Es soll sich aber um höchstens 60 Euro gehandelt haben. Die Bilder einer im Taxi angebrachten Überwachungskamera konnten vorerst noch nicht ausgewertet werden.

Am Freitag wurde K. in die Justizanstalt Wels überstellt, die Staatsanwaltschaft beantragte Untersuchungshaft.

Keine Bewährungshilfe

Seit seiner Haftentlassung im Februar soll sich der 46-Jährige in Wels aufgehalten haben. Vor rund eineinhalb Monaten suchte er dort den Resozialisierungsverein Neustart auf. "Er hat sich nach Wohnmöglichkeiten erkundigt und verschiedene Angebote erhalten", sagt Neustart-Sprecher Andreas Zembaty. Doch mit der ausgewählten Unterkunft dürfte K. nicht zufrieden gewesen sein. "Er ist anscheinend Nichtraucher und wollte mit starken Rauchern nicht zusammenleben." Schließlich habe er sich ohne weitere Hilfe auf die Suche nach einem neuen Quartier begeben. "Wir haben dann auch nichts mehr von ihm gehört."

Zembaty verweist darauf, dass sein Verein rechtlich gar keine Handhabe gehabt hätte, den Kontakt zu dem 46-Jährigen noch länger aufrecht zu halten. "Da er seine Strafe bis zum letzten Tag abgesessen hat, gab es für ihn keine Verpflichtung, sich von uns begleiten zu lassen." Laut Zembaty wäre es insgesamt daher wünschenswert, dass vorzeitige Haftentlassungen verpflichtend eingeführt werden. "Die Rückfallquote bei bedingten Entlassungen ist deutlich geringer." Langzeithäftlinge könnten so besser auf den Weg in die Selbstständigkeit begleitet und längere Zeit beobachtet werden. "Im Fall K. ist die Resozialisierung auf furchtbare Weise gescheitert."

Für Taxiunternehmer Karl R., dessen Mitarbeiterin Ingrid V. Montagnacht dem Raubmord zum Opfer fiel, bedeutet die Festnahme des mutmaßlichen Täters keine Genugtuung. "Das macht uns die Ingrid nicht mehr lebendig."

Er sei mit der 57-Jährigen nahezu aufgewachsen und habe mit ihr auch die Schule besucht. "Ihre Eltern hatten in Traun ein Taxiunternehmen, dort ist sie schon mit 13 in der Funkzentrale gesessen." Mit 20 habe Ingrid selbst Taxis gelenkt, später habe sie auch andere Berufe ausgeübt. "Voriges Jahr hat sie bei uns als Funkerin begonnen, dann aber auf eigenen Wunsch ins Taxi gewechselt." Es gab nicht wenige Kunden, die nur von ihr gefahren werden wollten. "Sie hatte ein so freundliches Wesen." Kommenden Mittwoch soll sie in der Pfarrkirche Traun verabschiedet werden.

R. glaubt nicht, dass der Verdächtige sein Opfer nur aufgrund der Automarke ausgewählt hat. "Die vier Fahrer, die vor ihr in der Reihe gestanden sind, waren alles große, kräftige Männer, mit denen er es schwer gehabt hätte. Die Ingrid dagegen war klein und leicht zu überwältigen." Er sei felsenfest überzeugt davon, dass das eine Rolle gespielt habe.

Unruhiger Fahrgast

R. geht davon aus, dass V. nicht gemerkt hat, in welcher enormen Gefahr sie sich befunden habe. "Anhand der Fahraufzeichnungen ist nichts Ungewöhnliches festzustellen, sie war völlig normal unterwegs." Ihr Kunde sei aber offensichtlich stark erregt gewesen. "Er war sehr unruhig und hat seine Sitzposition immer wieder verändert." In seinen Taxisitzen seien elektronische Kontakte eingebaut. Auf die Weise werde unter anderem auch aufgezeichnet, wann ein Fahrgast den Wagen verlässt. "Nach dem Halt des Autos, hat es nur eine Minute gedauert, bis der Täter ausgestiegen ist." In der Zeit soll er aber 34 Mal auf V. eingestochen haben.

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