"Wir müssen auf Draht sein"

Neue Stromautobahn: Peter Zeisenberger montiert den gesetzlich vorgeschriebenen Vogelschutz. Er arbeitet auf einem Spezialrad.
Neue 380 KV-Leitung wird nördlich von Wien errichtet. Der Job ist nichts für schwache Nerven.

Der Windstrom kommt nicht von alleine aus der Steckdose. Um die Spannung aus den vielen Windrädern im Osten Österreichs zum Verbraucher zu transportieren, braucht es leistungsfähige 380 KV-Hochspannungsleitungen. An einer dieser neuen "Stromautobahnen" wird seit Monaten nördlich von Wien gebaut – und der Job der Monteure ist nichts für Warmduscher. Die Techniker müssen körperlich topfit und schwindelfrei sein, um die täglichen Drahtseilakte zu bewältigen. Denn gearbeitet wird auf den riesigen Auslegern der Masten in Höhen jenseits der 50 Meter. "Wir müssen auf Draht sein", bringt Vorarbeiter Milan Modritsch von der Firma "European-Trans-Energie" die Anforderungen auf den Punkt.

Vogelschutz

Peter Zeisenberger, ein gebürtiger Steirer, hat an diesem Tag die große Ehre. Er darf hoch oben auf der Leitung für den Vogelschutz strampeln. Dieser ist gesetzlich vorgesehen. Damit die Vögel nicht in die Seile fliegen, müssen sie mit flatternden Sichtschutz gewarnt werden. Die Montage erfolgt händisch von einem Spezialrad aus.

Schon der Aufstieg in dem Gittermast ist ein Kraftakt. Die Vogelschutzvorrichtungen wiegen an die 20 Kilogramm. Klettergurt zu, Helm auf, Sicherungen einhängen und los geht es. Oben angekommen muss sich Zeisenberger wieder sichern. Dann hievt er das Spezialrad in Fahrtrichtung und schwingt sich auf den Sattel.

Im Zeitlupentempo geht es in mehr als 50 Meter Höhe über die Felder. Zeit um den tollen Weitblick ins Weinviertler Hügelland zu genießen, hat der Techniker allerdings nicht. Für einen kurzen Gruß mit der Hand reicht’s aber.

Anstrengung

Dann stoppt der Kabel-Radler sein Gefährt und montiert die erste Vogelschutzvorrichtung. Bei 30 Grad im Schatten ganz schön anstrengend. "Im Sommer ist die Arbeit ja ganz schön, aber im Winter ist es echt hart", sagt Milan Modritsch. Der Kärntner ist seit 37 Jahren im Leitungsbau und musste schon im tiefsten Winter in den Bergen gerissene Hochspannungsdrähte flicken. In der Branche werden die Leitungsbauer übrigens auch gerne als "Wilde Himmelhunde" bezeichnet.

Schauplatzwechsel zu einem anderen Gittermast bei Stetten – wenige Kilometer entfernt. Drei Starkstromtechniker tänzeln auf der so genannten Schlaufenbühne herum, die unter dem Mastenarm gespannt ist. Hier müssen die vorgespannten Alu-Stahlleitungen zusammengeschraubt und die Phasen-Abstandshalter eingebaut werden.

Der Job ist hart, aber gut bezahlt. Deswegen gibt es viele Quereinsteiger aus allen möglichen Berufsgattungen. "Ich habe vor sieben Jahren gesagt, dass ich zwei Jahre dabei bleibe. Jetzt bin ich noch immer oben", sagt Marcel Wenzl.

Neue 380 KV-Leitung

Die 380 KV-Leitung von Sarasdorf nach Dürnrohr ist fast 107 km lang und verläuft auf 331 Masten. Der Ausbau der Leitung war nur möglich, weil die Masten vor Jahrzehnten größer konzipiert worden waren als benötigt. Daher war es der APG (Austrian Power Grid) nun möglich, ein drittes und viertes Hochspannungssystem zu montieren. Insgesamt wurden 1380 km Leiter- und Erdseile verlegt. Nistkästen und -plattformen wurden gebaut. Die Investitionssumme betrug 40 Mio. Euro. Der Ausbau wurde in elf Monaten durchgezogen. Die finalen Arbeiten sind im Gange.

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